# taz.de -- Plagiats-Vorwürfe bei Doktorarbeit: Guttenberg Roadkill | |
> Verteidigungsminister zu Guttenberg soll bei seiner Doktorarbeit | |
> abgeschrieben und unsauber zitiert haben. Jetzt ist sein Doktortitel in | |
> Gefahr. | |
Bild: Karl-Theodor zu Guttenberg: "Die Anfertigung dieser Arbeit war meine eige… | |
FREIBURG taz | Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg wurde erwischt. Mehrere | |
Wissenschaftler werfen ihm vor, Guttenberg habe bei seiner Doktoararbeit | |
großflächig Passagen von anderen Autoren abgeschrieben, ohne dies als Zitat | |
kenntlich zu machen. An Universitäten, die etwas auf sich halten, kann dies | |
zur Aberkennung des Doktortitels führen. | |
Guttenbergs Doktorarbeit "Verfassung und Verfassungsvertrag" vergleicht | |
Entwicklungen in den USA und der EU. Sie wurde an der Uni Bayreuth 2006 mit | |
der Bestnote "summa cum laude" bewertet. Gutachter waren die renommierten | |
Professoren Peter Häberle und Rudolf Streinz. 2009 wurde die Arbeit im | |
Fachverlag Duncker & Humblot veröffentlicht. | |
Den Vorwurf, dass zu Guttenberg unsauber gearbeitet hat, brachte der linke | |
Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano aus Bremen auf. In einer der taz | |
vorliegenden Rezension für die Fachzeitschrift "Kritische Justiz" weist | |
Fischer-Lescano in einer Synopse acht Stellen nach, an denen zu Guttenberg | |
wörtlich von anderen Autoren abgekupfert hat. Teilweise wurden sogar | |
Kommafehler übernommen. Die Originalautoren werden entweder gar nicht | |
genannt oder nur am Rande – ohne offen zu legen, dass von ihnen teilweise | |
mehrere Absätze am Stück und fast unverändert übernommen wurden. | |
Fischer-Lescano ist nicht der erste, dem dies aufgefallen ist. Der | |
Münsteraner Doktorand Michael Schwarz hat schon im letzten Sommer einen | |
(bislang unveröffentlichten) Aufsatz geschrieben, in dem er zu Guttenberg | |
an vier Stellen wortwörtliche Übernahmen aus einem Aufsatz des Tübinger | |
Rechtsprofessors Martin Nettesheim nachweist. Die Analyse von Michael | |
Schwarz liegt der taz vor. | |
Zu Guttenberg erklärte am Mittwoch: "Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei | |
ein Plagiat, ist abstrus". Er verweist darauf, dass sein Arbeit 475 Seiten | |
und mehr als 1200 Fußnoten umfasse. Falls es dabei zu Fehlern gekommen sei, | |
will er sie bei einer Neuauflage berichtigen. | |
Nach der Bayreuther Promotionsordnung und dem bayerischen | |
Verwaltungsverfahrensgesetz kann ein Doktortitel unter anderem dann | |
aberkannt werden, wenn der Doktorand den Titel durch "Täuschung" erlangt | |
hat. Der für zu Guttenberg zuständige Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat | |
zum Beispiel 2006 geurteilt, dass "die wörtliche oder sinngemäße Übernahme | |
von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen | |
grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und damit die | |
Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall ausschließt". | |
Der Entzug der Doktorwürde ist nicht erst dann möglich, wenn die ganze | |
Arbeit ein Plagiat ist. Vielmehr genügt es, wenn sich die ungekennzeichnete | |
Übernahme fremder Textpassagen "insgesamt auf mehrere Seiten erstreckt und | |
wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden ist", so | |
der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof (VGH) in einem Urteil von 2008. | |
Zu Guttenberg könnte sich auch nicht damit verteidigen, dass seine Arbeit | |
ohne die beanstandeten Stellen immer noch den Doktortitel wert wäre. | |
Entscheidend ist, ob in nennenswertem Umfang getäuscht wurde, so die | |
Mannheimer Richter, "weil nur eine unter Offenlegung aller verwendeten | |
Quellen und Hilfsmittel erbrachte Leistung den Anforderungen an eine | |
eigenständige Dissertation genügt." | |
Zuständig für das Verfahren ist nun die Universität Bayreuth. Die dortige | |
Kommission zur Selbstverantwortung in der Wissenschaft wollte sich schon an | |
diesem Mittwoch auf einer turnusgemäßen Sitzung mit den Vorwürfen | |
auseinandersetzen. | |
Die bisherigen Bayreuther Prüfer scheinen gegenüber zu Guttenberg aber eher | |
nett gewesen zu sein. Schon die Vergabe der Bestnote für die Dissertation | |
bezeichnet Fischer-Lescano als "sehr schmeichelhaft". Nach seiner Bewertung | |
bringe die Doktorarbeit nur "bescheidenen" Ertrag. Zu Guttenberg entfalte | |
seinen Verfassungsbegriff "nicht hinreichend" und bleibe weit hinter der | |
wissenschaftlichen Diskussion zurück. | |
16 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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