# taz.de -- Nazi-Aufmarsch in Dresden: Linke planen mit vier Szenarien | |
> Kommenden Samstag wird in Dresden mehr los sein als letzte Woche. Das | |
> Gegenbündnis geht davon aus, dass der Nazi-Aufmarsch verhindert wird. | |
Bild: Letzte Woche in Dresden: Linke rufen aus einem Haus heraus Parolen in Ric… | |
Am Samstag will die rechtsextreme Szene erneut in Dresden aufmarschieren. | |
Die "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) und die | |
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) hoffen, mehrere tausend | |
Kameraden an die Elbe lotsen zu können. Aus internen Mails der NPD, die der | |
taz vorliegen, geht hervor, wie energisch der Nazi-Marsch vorbereitet wird. | |
Doch ob sie marschieren – darüber wollen tausende Gegendemonstranten mit | |
entscheiden. "Wir sind zuversichtlich, am Samstag mit dem Mittel der | |
Massenblockade den Naziaufmarsch erneut zu verhindern", sagt Stefan Thiele | |
vom Bündnis "Dresden Nazifrei". | |
Im vergangenen Jahr hatten Blockaden mit der Beteiligung von über 12.000 | |
Menschen den Marsch von rund 6.000 Neonazis unterbunden. Diese Schmach | |
sitzt tief. Um 2011 nicht wieder nur herumstehen zu dürfen, wurde in diesem | |
Jahr daher gleich zu zwei Samstagen mobilisiert. Nicht ohne Erfolg: Zwar | |
haben am vergangenen Sonntag mehrere tausend Gegendemonstranten Gesicht | |
gezeigt gegen 1.600 Neonazis, sie haben auch dafür sorgen können, dass die | |
Aufmarschroute der Nazis verkürzt werden musste. Doch weil diese danach | |
weitgehend ungestört durch Dresden marschieren konnten, feiert sich die | |
Nazi-Szene derzeit selbst. Die JLO bezeichnet den Aufmarsch als "vollen | |
Erfolg". | |
Dies könnte die Szene jetzt verstärkt mobilisieren. Unter dem Motto "Dem | |
Recht auf Gedenken - Der Wahrheit eine Gasse" hat sie für kommenden Samstag | |
eine Großkundgebung angemeldet. Zu einem der größten Neonaziaufmärsche | |
Europas wollen die Rechtsextremen aus allen Teilen Deutschlands und auch | |
aus dem Ausland anreisen. | |
Busrouten der Neonazis | |
Am Samstag um 5 Uhr morgens will die NPD Baden-Württemberg von Stuttgart | |
über Heilbronn und Crailsheim nach Dresden fahren. In Niedersachsen starten | |
NPD und Kameradschaftsszene von Wolfsburg aus. Der NPD-Verband in Thüringen | |
plant, die Kameraden in Kirchheim, Bad Hersfeld und Herleshausen bei kurzen | |
Busstopps einsteigen zu lassen. Von Rathenow wollen sie über Brandenburg | |
und Michendorf kommen. In Rheinland-Pfalz fahren sie von Herschberg, über | |
Homburg (Saar), Kaiserslautern und Ludwigshafen los. Das "Nationale | |
Augsburg" startet von seinem Heimatort über Ingolstadt und Nürnberg. | |
Daneben könne es weitere "Sonderhalte" geben, um Interessierte aufzunehmen. | |
Traditionell teilen die Rechtsextremen den genauen Ablauf ihrer | |
Veranstaltungen erst kurzfristig mit, um möglichst wenig gestört zu werden. | |
Auch die Stadt Dresden, die die Demonstration mit allen Mitteln durchsetzen | |
will, äußerte sich bislang noch nicht zu den für kommenden Samstag | |
angemeldeten Veranstaltungen. Fest steht nur, dass erneut tausende | |
Polizisten im Einsatz sein werden, um die beiden Lager von einander zu | |
trennen. | |
Das Bündnis "Dresden Nazifrei", ein Zusammenschluss aus gesellschaftlichen | |
Gruppen, Verbänden, Parteien und Einzelpersonen, will deshalb die Neonazis | |
bereits auf ihren Anfahrtswegen aufhalten und konzentriert sich bei der | |
Mobilisierung vor allem auf den Hauptbahnhof und den Bahnhof Neustadt. | |
Die Nazigegner wollen mithilfe der "Finger-Taktik" die Aufzugsorte | |
umkreisen, sechs Finger sind geplant. Die Gegendemonstranten bereiten sich | |
dabei auf vier verschiedene Szenarien vor, mit denen sie auch spontan auf | |
Planänderungen der Neonazis reagieren können. | |
Das Bündnis, das für Samstag mit über 10.000 Gegendemonstranten rechnet, | |
erwartet sechs Buskonvois aus allen Teilen Deutschlands, die ebenfalls | |
bereits in der Nacht ihre Ausgangsorte verlassen. Insgesamt sollen über 200 | |
Busse - und damit weit mehr als im Vorjahr – mit Gegendemonstranten aus | |
Deutschland und benachbarten Ländern in Dresden eintreffen. Auch Dresdner | |
Bürger wollen sich am Samstag an dem Protest beteiligen. Die | |
Kirchengemeinden haben über 30 Versammlungen an verschiedenen Orten | |
angemeldet, um den Neonazimarsch zu erschweren. Auch Parteien und | |
Gewerkschaften kündigten an, sich an den Aktionen zu beteiligen. | |
16 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
A. Speit | |
M. Kaul | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Berliner demonstrieren in Dresden: Größtes Antifa-Event seit Jahren | |
55 Busse aus Berlin und Brandenburg rollen am Samstagmorgen nach Dresden. | |
Dort soll gegen den geplanten Nazi-Aufzug demonstriert werden. | |
Versammlungsrechtler über direkte Aktionen: "Nazi-Demos blockieren ist Selbsth… | |
Der Leipziger Versammlungsrechtler Christoph Enders hält nichts davon, | |
Blockaden gegen Nazi-Märsche zu erlauben. Die in der Verfassung verankerte | |
Versammlungsfreiheit gelte auch für Rechte. | |
NPD-Leaks in der taz: "Vorsicht! Feind liest mit!" | |
Nach der Offenlegung ihrer E-Mails tobt die NPD und erstattet Anzeige. Die | |
demokratischen Parteien reagieren angewidert auf die rassistischen Mails. | |
Junge Landsmannschaft Ostdeutschland: Marschieren statt umkehren | |
Die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) hat seit Monaten anlässlich | |
des 13. Februar für Demos in Dresden mobilisiert. Ihr Ziel: Sie will sich | |
nicht wieder blockieren lassen. | |
Nazi-Leaks in der taz: Die Dokumentation | |
Mehr als 60.000 interne Mails der rechtsextremen NPD lassen tief in die | |
interne Kommunikation der Partei blicken. Eine Auswahl der Dokumente | |
veröffentlicht die taz an dieser Stelle. |