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# taz.de -- Räumungswelle rollt weiter: Liebig heißt jetzt Scharni
> Die Scharnweberstraße 29 soll teilgeräumt werden - der Eigentümer
> begründet den Rausschmiss mit Vertragsverletzung. Bürgermeister Schulz
> unterstützt das Hausprojekt in Friedrichshain.
Bild: Den Häusern denen, die drin wohnen: Für die verbliebenen Berliner Hausp…
Knapp einen Monat nach der Räumung der Liebigstraße 14 droht in
Friedrichshain erneut ein Polizeieinsatz zur Durchsetzung von
Vermieterinteressen: Am 3. März soll das Erdgeschoss der Scharnweberstraße
29 geräumt werden. Dort hatte auch ein Schenkladen sein Domizil, in dem
gebrauchte Dinge kostenlos abgegeben wurden. Im April öffnet der Laden in
der Jessnerstraße 41 neu. "Obwohl wir uns einer gerichtlichen Entscheidung
fügen, um unser Projekt am Leben zu halten, akzeptieren wir das Vorgehen
des Eigentümers Gijora Padovicz nicht", erklärt Silke Pflüger (Name
geändert) vom Schenkladen. Padovicz hatte die Räume mit der Begründung
gekündigt, dass in den abgeschlossenen Verträgen eine Nutzung zu
Wohnzwecken vorgesehen sei. "Uns wurde von Padovicz damals ein
Wohnmietvertrag aufgenötigt, obwohl wir in den Verhandlungen betonten, dass
wir im Erdgeschoss Vereinsräume des Scharnweber e. V. einrichten wollen",
betont Pflüger.
Weil das Geld des Förderprogramms "Soziale Stadterneuerung" nur für
Wohnraumsanierung fließt, seien die Interessen der MieterInnen ignoriert
worden. Vor Gericht bekam Padovicz mit seiner Klage Recht. "So dienen
öffentliche Mittel dem Profitinteresse des Eigentümers. Ein soziales
Projekt muss weichen", resümiert Pflüger bitter.
Größere Chancen für die MieterInnen sieht ihr Rechtsanwalt Burkhard Dräger
in einem anderen Konflikt. Am 7.Oktober 2010 ließ Padovicz die seitdem
leerstehende erste Etage des Hauses räumen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat
die Urteile des Landgerichts Berlin, die zur Räumung führten, aufgehoben
und die Angelegenheit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Anspruch
der Mieter auf rechtliches Gehör sei erheblich verletzt worden, rügt der
BGH die Richterin, die der Kündigung wegen einer um einen Tag zu spät
gezahlten Miete sowie einer Mietminderung nach einem Heizungsausfall
stattgegeben hatte.
Jetzt will Dräger juristisch durchsetzen, dass die ehemaligen MieterInnen
die Wohnungen wieder beziehen können. Der Erlass einer einstweiligen
Verfügung scheiterte bisher, weil keine ladefähige Postadresse der
Eigentümer vorlag. Dort wollte auf Nachfrage der taz die Vorwürfe niemand
kommentieren.
Bei einem Treffen mit der Der Dreh:Mieterberatungsstelle Asum und
Kreuzbergs Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) erhielten die
MieterInnen Unterstützung. "Der Bezirk ist daran interessiert, dass der
Verein im Gebäude sein Hausprojekt verwirklichen kann", sagte Schulz der
taz. Bei einem Gespräch mit dem Bürgermeister am vergangenen Dienstag
lehnte Padovicz einen Räumungsaufschub ab. Trotzdem will Schulz die
Moderationsversuche auch bei den anderen Konflikten fortsetzen. So beklagen
die MieterInnen gegenüber der taz, dass ihnen jede Untervermietung
untersagt sei und von ihnen vorgeschlagene NachmieterInnen abgelehnt
werden. Auch der Asum-Geschäftsführer Werner Oehlert spricht sich für
Verhandlungen zwischen den MieterInnen und dem Eigentümer aus. Schließlich
habe der eine soziale Verpflichtung, wenn er die Häuser mit öffentlichen
Geldern finanziere. Oehlert betonte allerdings, die Mittel des Bezirks
seien begrenzt. Der habe bei Neuvermietungen ein Vorschlags-, kein
Belegungsrecht.
Mittlerweile steht die Protestagenda. Am 3.März gibt es ab 10 Uhr vor der
Scharni 29 eine Kundgebung gegen die Räumung. Auch am kommenden Samstag
startet um 16 Uhr eine Demonstration vor dem Haus. Schon um 14 Uhr wird
dagegen am Boxhagener Platz für eine Räumung demonstriert. Es geht um den
seit Jahren bestehenden, bei Rechten beliebten Thor-Steinar-Laden "Tromsö",
gegen den die Friedrichshainer "Initiative gegen Rechts" mobilisiert.
24 Feb 2011
## AUTOREN
Peter Nowak
## TAGS
Hausprojekt
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