# taz.de -- Chinesischer Minister ist korrupt: Bestechung auf der Schiene gebre… | |
> Chinas Eisenbahnminister wird wegen Korruption gefeuert. Mit 2,5 | |
> Millionen Angestellten ist die Behörde ein Staat im Staat. Sie mischt die | |
> internationale Konkurrenz auf. | |
Bild: Die chinesische Eisenbahn setzt auf Hochgeschwindigkeitszüge. | |
PEKING taz | Chinas neuer Fünfjahresplan soll sich stärker auf soziale | |
Gerechtigkeit konzentrieren, und das Wirtschaftswachstum soll sieben | |
Prozent nicht überschreiten. Das hat Ministerpräsident Wen Jiabao am | |
Wochenende auf einer Website der Regierung verkündet. Vor allem aber werde | |
die Bekämpfung der Korruption bei hohen Funktionären ein Hauptziel der | |
Regierungsarbeit sein. | |
Da passte es ins Bild, dass kurz zuvor Eisenbahnminister Liu Zhijun seinen | |
Job verloren hatte: wegen "schwerer Disziplinarverstöße" - einer | |
Umschreibung für Korruption. Bereits einige Tage vorher war er als Chef der | |
Kommunistischen Partei in seinem Ministerium gefeuert worden. Das teilte | |
die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Wochenende mit. | |
Chinas KP entscheidet in strikter Geheimhaltung, ob sie ihre Funktionäre | |
bestraft und was sie der Öffentlichkeit über die Anklage verrät. Um Liu gab | |
es schon lange Gerüchte, jetzt ermittelt eine Art parteiinterne | |
Kriminalpolizei, die sich "zentrale Disziplin-Inspektionskommission" nennt. | |
Chinas Eisenbahn ist so etwas wie ein Staat im Staat: Sie hat nicht nur 2,5 | |
Millionen Beschäftigte, eigene Wohnsiedlungen, Wirtschaftsunternehmen, | |
Krankenhäuser und Hochschulen, sondern auch eigene Polizisten und eigene | |
Gefängnisse. Rund 300 Milliarden Dollar will sie im kommenden Jahrzehnt für | |
neue Hochgeschwindigkeitsstrecken investieren. Und offenbar wuchert in | |
diesem riesigen Apparat die Korruption. | |
Der jetzt geschasste Liu ist ein Karriere-Eisenbahner und stand seit 2003 | |
an der Spitze des Ministeriums. Sein Name ist mit der Modernisierung des | |
Eisenbahnnetzes verbunden, die auf Hochgeschwindigkeitszüge setzt. In den | |
kommenden vier Jahren sollen 25.000 Kilometer neue Trassen das riesige | |
Reich durchziehen. | |
Davon sind etwa 5.000 Kilometer bereits gelegt, unter anderem die 4 | |
Milliarden Dollar teure Verbindung der Millionenstädte Hangzhou und | |
Schanghai. Dort erreichen die Züge Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 416 | |
Stundenkilometer. Im kommenden Juni sollen diese Blitzbahnen auch zwischen | |
Schanghai und Peking hin- und herbrausen. | |
Die chinesischen Eisenbahner schauen nicht nur nach innen. Sie wollen | |
Konkurrenz zu Firmen wie Siemens, Bombardier und anderen internationalen | |
Anbietern sein. Sie haben inzwischen mit Ländern wie Thailand und Malaysia | |
Verträge geschlossen und bemühen sich derzeit um Aufträge in Kalifornien, | |
Polen und anderen Weltregionen. | |
Chinas staatliche Finanzinstitute wie die Industrial and Commercial Bank | |
(ICBC) sind angehalten, Kredite für ausländische Auftraggeber chinesischer | |
Eisenbahnprojekte zu vergeben, um die Geschäfte zu erleichtern. | |
Die Familie des jetzt gefallenen Eisenbahnministers war schon einmal in | |
einen Aufsehen erregenden Skandal verwickelt: Sein jüngerer Bruder Liu | |
Zhixiang, ehemals Chefeisenbahner in der Millionenstadt Wuhan, wurde im | |
April 2006 zum Tode verurteilt, weil er 5 Millionen Dollar unterschlagen | |
haben soll. Außerdem soll er professionelle Killer angeheuert haben, um | |
Zeugen zu beseitigen. Das Todesurteil wurde in lebenslange Haft | |
umgewandelt. | |
Wie es in Peking heißt, war Minister Liu lange von hochrangigen Freunden in | |
der KP protegiert worden. Doch nun wird das Klima rauer. Kurz vor dem | |
geplanten Führungswechsel an der Spitze der Partei im Oktober 2012 ringen | |
die Politiker hinter den Kulissen um Posten und Pfründen, Seilschaften | |
zerfallen. | |
27 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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