# taz.de -- Stadtumbau am Spreeufer: Ein Gewächshaus für Ideen | |
> Die Initiative "Mediaspree versenken" sammelt Vorschläge zur Gestaltung | |
> des Kreuzberger Spreeufers. In der Eisenbahn-Markthalle werden die | |
> Entwürfe präsentiert. | |
Bild: Die Gestaltung des Spreeufers an der Oberbaumbrücke soll künftig etwas … | |
In der Markthalle an der Eisenbahnstraße ist es an kalten Wintermorgen | |
angenehm warm. Die meisten der aufgegebenen Stände sind abgebaut, zwischen | |
Eisenträgern sprießen in Kisten und Säcken die Bäumchen und Kräuter der | |
"Prinzessinengärten" im Winterquartier. Ab und zu bleibt ein Passant an | |
einem Stand stehen, der mit einer Lichterkette verziert ist. An seinen | |
Wänden hängen Pläne, Entwürfe und Verordnungen, auf einem Infotisch liegen | |
Flyer. "Stadtplanung geht uns alle an" steht darauf - und der Slogan aus | |
den 50ern passt hervorragend zum Projekt der Initiative "Mediaspree | |
versenken". | |
Die "interaktive Ausstellung" ist Teil des Ideenaufrufs Kreuzberger | |
Spreeufer, den die Initiative im November gestartet hat. Experten und | |
Laien, Einzelpersonen und Gruppen können Ideen für die Bebauung von | |
Grundstücken entlang des Spreeufers einreichen, für die mehrheitlich noch | |
kein Bebauungsplan existiert. Schwerpunkte sind der Nordteil der | |
Lohmühleninsel, das Behala-Gelände an der Schillingbrücke und das Areal der | |
Umzugsfirma Zapf, die ihr angestammtes Grundstück verkauft. Am morgigen | |
Samstag um 16 Uhr präsentiert die Initiative die eingereichten Entwürfe als | |
"Zwischenbilanz" in der Markthalle, auch das Bezirksamt ist eingeladen. "In | |
der Stadtplanung werden meist erst die Entscheidungen getroffen, dann der | |
Öffentlichkeit präsentiert", erklärt Carsten Joost von der Initiative | |
"Mediaspree versenken". "Wir stellen diesen Prozess auf den Kopf." | |
## Pavillons und Strand | |
Die eingegangenen Entwürfe werden schon jetzt im Internet und am Stand | |
präsentiert. Die computergenerierten Bilder stammen von professionellen | |
Planern, Architekturstudenten oder Planungsbüros. Ausnahmen bilden der | |
Vorschlag eines Hanflabyrinths sowie die Ergebnisse zweier Ideenwerkstätten | |
mit Anwohnern und Interessierten von 2008. Dabei zeigen sich deutliche | |
Unterschiede: Die Teilnehmer der Ideenwerkstätten wünschen sich für das | |
Ufergrundstück an der Cuvrystraße und die nördliche Lohmühleninsel | |
Grünflächen, teils mit Pavillons, Strand oder Freibad. Das Architekturbüro | |
rare+Giacomo Albano oder Studenten der TU Wien entwerfen auf dem Zapf- und | |
Behala-Gelände dagegen verschiedene Formen von Wohn- und Gewerbebauten, von | |
kleinteiligen, durcheinandergewürfelten Häusern bis zu wuchtigen | |
Büroblöcken, häufig ergänzt durch Stege ins Wasser, Promenaden und Grün - | |
wobei sich kaum ein Entwurf an den Ergebnissen des erfolgreichen | |
Bürgerentscheids von 2008 orientiert, der für Neubauten 50 Meter Abstand | |
zur Spree und 22 Meter Maximalhöhe forderte. Das findet Joost nicht so | |
problematisch: "Wir stellen erst einmal alle Entwürfe aus." Alles Weitere | |
ergebe sich im Diskussionsprozess. | |
"Natürlich gibt es ein Ungleichgewicht zwischen professionellen Planern und | |
Betroffenen wie etwa den Anwohnern", sagt Joost. Das liege in der Struktur | |
der Sache. "Aber uns geht es ja auch darum, die Betroffenen mit den Planern | |
zusammenzubringen." Die Ausstellung in der Markthalle soll als Begegnungs- | |
und Diskussionsort dienen. Samstags von 15 bis 17 Uhr sind Mitglieder der | |
Initiative vor Ort, nehmen Feedback und Vorschläge auf. Auf dem Infotisch | |
kleben Grundrisse, auf denen die Besucher ihre Vorschläge einzeichnen | |
können. Noch bis 1. Mai können weitere Ideen und Vorschläge eingereicht | |
werden, sie sollen auf einer größeren Veranstaltung präsentiert werten. | |
Dann zeigt sich, welchen Einfluss der Ideenaufruf auf den offiziellen | |
Planungsprozess hat - schließlich sind die Ideen und Entwürfe völlig | |
unverbindlich. Immerhin: Das Bezirksamt will keinen Bebauungsplan für die | |
betroffenen Grundstücke erstellen, bis der Ideenaufruf abgeschlossen ist. | |
Bis dahin werden auch die Eigentümer des Zapf-Geländes mit der Entscheidung | |
warten, an wen sie das Grundstück verkaufen. Das Bezirksamt unterstüze den | |
Aufruf, so Bürgermeister Franz Schulz (Grüne). "Wir sind an allen | |
Überlegungen, die sich mit dem Spreeraum auseinandersetzen, interessiert." | |
Mit dem Senat, der neue Planungsleitlinien angekündigt hat, hat die | |
Initiative dagegen keinen Kontakt: Eine Terminanfrage bei der | |
Senatsbaudirektion blieb bisher unbeantwortet. | |
3 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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verstößt. |