# taz.de -- Diskussion um Agrosprit E10: Einführung gestoppt | |
> Der neue Kraftstoff soll laut Bauernverband und Ethanolindustrie | |
> Treibhausgase einsparen. Doch die Verbraucher haben Angst um ihr Auto und | |
> Umweltverbände bezweifeln die Ökobilanz. | |
Bild: Da hilft auch keine Schönheit mehr: die Deutschen haben Angst vor E10. | |
Nach den Absatzproblemen mit dem neuen Agrosprit E10 wollen die Ölkonzerne | |
vorerst keine weiteren Tankstellen umstellen. "Das System platzt sonst", | |
sagte der Hauptgeschäftsführer des Minerölwirtschaftsverbandes, Klaus | |
Picard, am Donnerstag der dpa. Er verwies auf Versorgungsengpässe bei | |
anderen Benzinsorten, die wegen des Käuferstreiks bei E10 verstärkt getankt | |
werden. Bisher haben knapp die Hälfte der bundesweit 15.000 Tankstellen den | |
Sprit mit einem besonders hohen Anteil von Ethanol aus Pflanzen eingeführt. | |
Viele Verbraucher befürchten meist zu unrecht, ihr Auto vertrage E10 nicht. | |
BP wird deshalb nun einer Firmensprecherin zufolge seine "Kommunikation für | |
E10 verstärken". BP habe die weitere Umstellung auf den Sprit zunächst | |
lediglich um "einige Wochen" verschoben. Schließlich verlange sie das | |
Gesetz. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) kündigte an, alle | |
Beteiligten "zeitnah" zu einem Spitzentreffen einzuladen. | |
Anders als von Umweltschützern behauptet, sei E10 ein "wichtiger Beitrag | |
für Klimaschutz", erklärten der Bauernverband und der Bundesverband der | |
deutschen Ethanolwirtschaft. "Bioethanol aus deutscher Produktion | |
verursacht vom Acker bis in den Tank schon heute nur halb so viel [des | |
Treibhausgases] CO2 wie Benzin". | |
"Es stimmt nicht, dass für Bioethanol zur E10-Beimischung Wälder abgeholzt | |
oder Torfmoore trockengelegt werden", hieß es in der Erklärung. Schließlich | |
verhinderten EU-Vorschriften, dass für den Anbau von Ethanol-Rohstoffen | |
Flächen geopfert werden, die ökologisch wertvoll sind oder viel | |
Treibhausgas speichern. Das gelte sowohl für europäisches als auch | |
importiertes Ethanol. | |
Bauern-Präsident Gerd Sonnleitner erklärte: "Wer behauptet, heimisches | |
Bioethanol begünstige die Bildung von Monokulturen, kennt die | |
landwirtschaftliche Praxis in der EU nicht." Für den Sprit bauten die | |
Landwirte mehrere Getreidearten und Zuckerrüben an, die sie jeweils mit | |
anderen Pflanzen auf den Feldern abwechselten. Auch eine Konkurrenz | |
zwischen Lebensmittel- und Agrospritproduktion sieht Sonnleitner nicht. | |
Begründung: "In Europa sind Agrarflächen nicht knapp." | |
Umweltschützer kann er damit nicht überzeugen. "Wir sind in einem | |
globalisierten Markt. Agrosprit trägt dazu bei, dass Getreideprodukte | |
weltweit teurer werden und immer mehr Menschen sich ihr Essen nicht leisten | |
können", sagte Martin Hofstetter, Agrarexperte bei Greenpeace. | |
"Pflanzen für Ethanol werden von der konventionellen Landwirtschaft | |
produziert, und da ist der Trend zur Monokultur ungebrochen", erklärte | |
Hofstetter weiter. Die EU-Vorschriften verhinderten eben nicht, dass Bauern | |
die Umwelt mit zu viel Dünger und Pestiziden belasteten. | |
Verkehrsfachmann Jens Hilgenberg vom BUND bezweifelt auch die angeblich | |
gute Treibhausgasbilanz von E10. Zwar sei es tatsächlich verboten, für die | |
Ethanolproduktion Wald zu roden und so CO2 freizusetzen. "Aber wenn man den | |
Agrosprit-Anteil im Sprit erhöht, verdrängen Energiepflanzen den Anbau von | |
Futtermitteln, sodass dieser auf gerodete Flächen ausweicht." Das lasse | |
sich zum Beispiel in Brasilien beobachten, das ein Drittel des | |
Ethanolverbrauchs decke und einen Großteil des Futters für die deutsche | |
Landwirtschaft liefere. | |
3 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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