# taz.de -- Plagiatsaffäre Guttenberg: Doktorväter weisen jede Schuld von sich | |
> Eine Überprüfung von Doktorarbeiten war damals nicht üblich, sagen die | |
> Betreuer von Exverteidigungsminister Guttenberg. Indes wurden | |
> Ermittlungen eingeleitet. | |
Bild: 100 Anklagen gingen gegen Karl-Theodor zu Guttenberg ein. Jetzt ermittelt… | |
BERLIN taz | Die Promotionsbetreuer des ehemaligen Verteidigungsministers | |
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) haben den Vorwurf von sich gewiesen, sie | |
hätten die Plagiate im Werk ihres ehemaligen Doktoranden erkennen müssen. | |
Am Montag veröffentlichten Peter Häberle (Bayreuth) und Rudolf Streinz | |
(München) eine Stellungnahme, in der sie erklärten, die Überprüfung von | |
Dissertationen mit technischen Mitteln sei 2006, als Guttenberg die Arbeit | |
einreichte, "nicht üblich" gewesen. | |
Dem widerspricht die Plagiarismusforscherin Debora Weber-Wulff. "Natürlich | |
war das zu der Zeit schon üblich", sagte Weber-Wulff der taz. Die Berliner | |
Professorin verweist auf einen Artikel, den sie schon 2003 in der | |
Wissenschaftszeitschrift Forschung & Lehre veröffentlicht hatte. Unter dem | |
Titel "Kein Kavaliersdelikt - Wie man Plagiate entdeckt und was dann getan | |
werden muss" erklärte Weber-Wulff, wie Plagiate mittels Internetsuche | |
aufgedeckt werden können und wie der Hochschulbetrieb damit umgehen sollte. | |
Häberle und Streinz rechtfertigen sich auch mit Hinweis, "mit den | |
seinerzeit vorhandenen technischen Mitteln" sei die Erkennung von Plagiaten | |
kaum möglich gewesen. "Plagiatsoftware sowie auch andere Methoden waren | |
damals keineswegs so weit entwickelt wie heute", so die beiden Juristen. | |
Auch das bezweifelt Weber-Wulff. Plagiatsoftware, die in digitaler Form | |
vorliegende Inhalte mit dem Internet oder Datenbanken abgleicht, sei | |
seitdem "nicht sehr viel besser geworden". Außerdem bedürfe es gar keiner | |
aufwändigen Software, um Plagiate zu identifizieren. "Eine einfache | |
Google-Suche nach einem Halbsatz von drei bis fünf Wörtern genügt", | |
erklärte Weber-Wulff. Sollte sich daraus ein konkreter Verdacht ergeben, | |
könnte professionelle Software eingesetzt werden, "um ein Gefühl für das | |
Ausmaß zu bekommen". | |
Guttenbergs Betreuer halten in ihrer Erklärung daran fest, dass die | |
Promotion "ohne Kenntnis der vorgeworfenen Plagiate" zu Recht mit der | |
Höchstnote "summa cum laude" bewertet worden sei. Sie zeichne sich durch | |
einen "hohen Grad der Durchdringung des Themas in allen seinen Facetten" | |
aus. Auch das Rigorosum, die mündliche Prüfung, habe Guttenberg "souverän" | |
absolviert. | |
Die plagiierte Doktorarbeit Guttenbergs, der vergangene Woche als Minister | |
zurücktrat, ist seit Montag auch Gegenstand eines offiziellen | |
Ermittlungsverfahrens. Nachdem Guttenberg auch sein Abgeordnetenmandat | |
niedergelegt hatte und seine parlamentarische Immunität damit aufgehoben | |
war, ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft in Hof wegen möglicher | |
Verstöße gegen das Urheberrecht. Grundlage dafür sind über 100 bislang | |
eingegangene Strafanzeigen. | |
In die Ermittlungen, die sich über Monate hinziehen könnten, sollen auch | |
die Ergebnisse der Kommission zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft der | |
Universität Bayreuth einbezogen werden. Das aus fünf Mitgliedern bestehende | |
Gremium soll unter anderem der Frage nach einem Täuschungsvorsatz | |
Guttenbergs nachgehen. Die Promotionskommission, die Guttenberg | |
vorvergangene Woche den Doktortitel aberkannt hatte, war auf diese Frage | |
nicht eingegangen. | |
7 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Niklas Wirminghaus | |
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