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# taz.de -- Fischbestände: Dorsch und Scholle geht es besser
> Die Bestände einzelner Fischarten haben sich überraschend gut entwickelt.
> Umweltverbände sprechen allerdings nur von Ausnahmen. Außerdem wird die
> EU ihr Nachhaltigkeitsziel voraussichtlich nicht erreichen.
Bild: Wissen nie, was in welcher Menge hängen bleibt: Krabbenfischer auf der N…
HAMBURG taz | Das Meer ist immer gut für Überraschungen. So stellten die
niedersächsischen Küstenfischer im vergangenen Herbst plötzlich fest, dass
es Krabben im Übermaß gab. Die Scholle feierte ein Comeback und auch der
Dorsch in der östlichen Ostsee. Vertreter der Europäischen Union (EU)
erkennen eine Tendenz zu einer nachhaltigeren Fischerei. Umweltschützer
dagegen weisen darauf hin, dass die EU ihre vor Jahren gesetzten Ziele in
der Fischereiwirtschaft nicht wird einhalten können - internationalen
Vereinbarungen zum Trotz.
Die plötzliche Krabbenschwemme war den deutschen Fischern gar nicht recht.
Weil international nicht alle Fischer bereit waren, sich mit dem Fangen und
verkaufen zurückzuhalten, sackten die Preise ab. "Auf Dauer kann sich kein
Betrieb einen Erzeugerpreis von 1,60 Euro pro Kilogramm leisten", sagt
Hilke Looden vom niedersächsischen Fischereiverband.
Auch weiter draußen auf der Nordsee und in der Ostsee haben die Fischer
Veränderungen festgestellt, etwa bei der Scholle: "Seit 1957 hat es nicht
mehr so viele gegeben", sagt Peter Breckling, Geschäftsführer des Verbandes
der deutschen Hochseefischerei.
Nach Zahlen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) ist die
Masse der fortpflanzungsfähigen Schollen in den vergangenen fünf Jahren
stark gewachsen und ist jetzt so groß wie schon seit Jahrzehnten nicht
mehr. Ähnliches gilt für den Dorsch in der östlichen Ostsee: Es gibt mehr
fortpflanzungsfähige Fische, mehr Nachwuchs, geringere Fänge.
Dass die Scholle mehr Luft hat, sieht Breckling darin begründet, dass die
Niederländer 50 ineffiziente Plattfisch-Kutter außer Dienst gestellt
hätten. Beim Dorsch ließ der Druck dadurch nach, dass Polen seine Flotte
eingedampft habe und sich offenbar die speziellen Umweltbedingungen in der
Ostsee günstig entwickelt hätten. Die Wasserqualität dieses
Beinahe-Binnenmeeres wird stark vom Wasseraustausch mit der offenen Nordsee
bestimmt. Der WWF lobt, dass der Dorschbestand in der östlichen Ostsee gut
gemanagt werde.
Bei einem Fischerei-Seminar der EU zeichnete John Casey, Vorstand des
Fischereikomitees der EU das Bild einer allgemein positiven Entwicklung. 45
Prozent der erforschten EU-Fischbestände würden nachhaltig bewirtschaftet -
im Gegensatz zu zwölf Prozent vor zehn Jahren. Sie könnten sich vollständig
reproduzieren und würden nachhaltig befischt.
Kritikern wie der Umweltstiftung WWF ist das zu wenig. Aus ihrer Sicht
handelt es sich bei den Arten, die sich erholen um Ausnahmen. Der Dorsch in
der westlichen Ostsee hat nach wie vor zu wenig Nachwuchs und das Schicksal
des Nordsee-Kabeljaus kommentiert der Rat für Meeresforschung mit den
Worten: "Die Erholung dieses Bestandes ist unsicher."
Die Umweltverbände WWF, Greenpeace, DUH und Nabu messen die EU-Fischerei an
der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen (UN). Demnach müssen die
Fischbestände so bewirtschaftet werden, dass sie einen möglichst hohen
dauerhaften Ertrag abwerfen (Maximum Sustainable Yield/ MSY). 2002 hat sich
die Staatengemeinschaft darauf verständigt, dieses Ziel bis 2015 zu
erreichen.
88 Prozent der EU-Fischbestände erreichen dieses Niveau nicht. Casey
prognostiziert, dass sie es auch bis 2015 nicht erreichen werden. Er
schlägt vor, stattdessen wenigstens die Fang- und Beifangquote bis 2015 auf
eine Niveau zu bringen, mit dem sich auf mittlere Sicht ein maximaler
Dauerertrag erreichen ließe.
Nach Ansicht der Umweltverbände müsste die EU eigentlich eine
Vorreiter-Rolle übernehmen. Stattdessen lasse es sie es zu dass ein
überdurchschnittlich hoher Anteil ihrer eigenen Bestände überfischt werde.
Sie halte ihre eigenen Ziele nicht ein und trage durch ihren Verbrauch zur
Verödung der Meere bei: Die EU sei "der weltweit größte Importmarkt für
Fisch und Fischprodukte" mit einem Umsatz von 32 Milliarden Euro.
7 Mar 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
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