# taz.de -- Hafenpolitik: Atom-Moratorium ist möglich | |
> Ein Rechtsgutachten der Bremer Linkspartei ergab, dass eine "Entwidmung" | |
> von Häfen für Strahlenfracht möglich ist. SPD und Grüne in Hamburg sind | |
> erfreut. | |
Bild: Könnte aus dem Bremer und dem Hamburger Hafen verbannt werden: Atomfrach… | |
BREMEN taz | Tausende Tonnen radioaktiver Fracht werden jedes Jahr in den | |
Häfen Bremens und Hamburgs umgeschlagen. Beide Städte sind Drehscheiben für | |
die internationale Atomindustrie. | |
Initiativen inner- und außerhalb der Parlamente bemühen sich um eine | |
"Teilentwidmung" der Häfen, so dass Strahlenfracht verbannt würde. Nun | |
zeichnet sich ein rechtlicher Weg zu einem solchen Atom-Moratorium ab. | |
Am Mittwoch stellte die Bürgerschaftsfraktion der Linkspartei in Bremen ein | |
Rechtsgutachten der unter anderem in Bremen und Hannover ansässigen | |
Anwaltskanzlei Göhmann vor. Die hatte geprüft, ob es zulässig wäre, per | |
Gesetz Atomfracht aus den Häfen zu verbannen. | |
"Häfen sind Ländersache", sagte der Anwalt Rainer Kulenkampff. "Es ist | |
zulässig, bestimmte Stoffe vom Verkehr auszuschließen." In Bremen müsse | |
dazu das Hafenbetriebsgesetz geändert werden, in Hamburg das | |
Hafenentwicklungsgesetz. | |
In Bremen hatten SPD und Grüne sich mehrfach für ein Moratorium | |
ausgesprochen. Allerdings war bislang unklar, welche juristischen Chancen | |
es hierzu gibt. | |
Die Wirtschaftsressorts beider Länder standen solchen Überlegungen kritisch | |
gegenüber - sie verwiesen darauf, dass die Häfen als "Universalhäfen" jeder | |
Fracht zugänglich bleiben müssten. | |
Die künftig allein regierende Hamburger SPD sieht dies offenbar anders. | |
"Wenn das rechtlich machbar ist, dann würden wir das begrüßen", sagte ein | |
Mitarbeiter der für Umweltfragen zuständigen Bürgerschaftsabgeordneten | |
Monika Schaal. | |
Bei der nun oppositionellen GAL-Fraktion war man bisher davon ausgegangen, | |
dass ein Moratorium unzulässig ist. "Wenn nun ein Gutachten zeigt, dass es | |
doch geht, freuen wir uns", sagte ein Fraktionssprecher. Man würde sich | |
dafür einsetzen "das der Rechtsweg politisch voll ausgeschöpft wird". | |
Ganz problemlos ist das Atom-Moratorium rechtlich jedoch nicht: Nach | |
Auffassung der Gutachter kollidiert es mit der von der EU garantierten | |
Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit. "Atomfirmen könnten versuchen, | |
hier Schadenersatz geltend zu machen", sagte Kulenkampff. | |
Doch solche Klagen hätten keinen Erfolg, wenn Bremen nachweisen könne, dass | |
durch den Transport radioaktiver Fracht ein Gesundheitsrisiko für die | |
Bevölkerung entstehe. "Dann ist es erlaubt, die Warenverkehrsfreiheit zu | |
beschränken", so Kulenkampff. | |
Nach Ansicht der Bremer Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz (MAUS) | |
würde dieser Nachweis keine Probleme machen. Die MAUS hatte die | |
Linksfraktionen 2008 bei zwei parlamentarischen Anfragen in Bremen und | |
Hamburg beraten. | |
Dabei war herausgekommen, dass jährlich etwa 100 Transporte radioaktiver | |
Fracht Bremen passieren, in Hamburg sind es etwa 180. Dabei werden zum Teil | |
enorme Mengen hoch gefährlicher Substanzen umgeschlagen: Allein in Bremen | |
waren es 2008 knapp 200 Tonnen Urandioxid und knapp 400 Tonnen | |
Uranhexafluorid. | |
Gerät dieses Vorprodukt der Brennstabherstellung bei einem Unfall an die | |
Luft, entsteht extrem giftige, ätzende Flusssäure. | |
Der Bremer Linken-Abgeordnete Klaus-Rainer Rupp forderte den Bremer Senat | |
deshalb jetzt zum Handeln auf: "Die Landesregierung muss hier eine | |
Gesetzesänderung einleiten." | |
10 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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