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# taz.de -- Freispruch nach Vergewaltigung: Trauma schützt vor Strafe
> Eine mehrfache Vergewaltigung ist vor Gericht nicht nachweisbar, weil die
> Geschädigte nach ihrer Befragung zur Tatnacht psychisch zusammengebrochen
> war.
Bild: Bis zum Schluss keine Regung gezeigt: Drei der Angeklagten zu Prozessbegi…
BREMEN taz |Er habe keinen Zweifel, dass es sich so zugetragen habe, wie
die "geschädigte Zeugin" es geschildert habe, sagte Richter Manfred Kelle -
um dann einen Freispruch zu verkünden. Straflos gehen damit sechs Bremer
Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren aus. Ihnen war vorgeworfen
worden, in der Nacht zum 1. Juli 2007 eine 17-Jährige über Stunden
vergewaltigt zu haben.
Die Geschädigte war in ihrer Vernehmung psychisch zusammengebrochen, bevor
im Einzelnen erörtert werden konnte, welcher der Angeklagten in jener Nacht
nun genau was getan hatte. Eine Gutachterin attestierte der 17-Jährigen,
die seither als verhandlungsunfähig galt, eine "Re-Traumatisierung".
Oralverkehr, Analverkehr, immer wieder, auch mehrere Männer gleichzeitig.
Einmal sei ihr eine Flasche in die Vagina gestoßen worden, einmal eine
Faust: "Wenn man sich vorstellt, was diese 17-Jährige über sich ergehen
lassen musste - da kann einem nur schlecht werden", sagte der Richter. Und
dass er sich ein Signal des "Bedauerns" von den Angeklagten gewünscht
hätte. Diese - alle sechs mit türkischem oder arabischen
Migrationshintergrund - hatten zuvor 15 Verhandlungstage lang geschwiegen
und nahmen am Mittwoch ihren Freispruch auch ohne erkennbare Regung
entgegen.
"Vergewaltigung" dürfe man nicht nennen, was da passiert sei, sagte
Verteidiger Eberhard Schulz. "Es gibt auch junge Frauen, die sind
sexhungrig", pflichtete sein Anwaltskollege Matthias Koch bei. Er sprach
durchweg von der "so genannten Geschädigten" und kündigte an, ein
Schmerzensgeld-Verfahren gegen die Bild-Zeitung führen zu wollen, weil
darin von "feigen Vergewaltigern" die Rede gewesen war.
In der Tat hatte offenbar auch die 17-Jährige sich nicht durchgehend als
Opfer gesehen: Erst als sie zwei Tage nach der Tatnacht in der Schule einen
psychischen Zusammenbruch erlitten hatte, ging sie zu einem Arzt, Anzeige
erstattete sie auf Drängen ihrer Mutter.
Die 17-Jährige habe Abtreibungen hinter sich und Erlebnisse mit sexueller
Gewalt, so Richter Keller. Wenn sie jetzt traumatisiert sei, liege das
vielleicht nicht nur an jener Nacht zum 1. Juli 2007. Die junge Frau habe
offenbar Probleme, sich deutlich abzugrenzen. Gegenüber der Kriminalpolizei
sagte sie einmal aus, ihr sei damals "alles egal" gewesen. Hatten die
Angeklagten sie mit "K.O.-Tropfen" gefügig gemacht? Auch das war nun aus
Sicht des Bremer Landgerichts nicht mehr feststellbar.
16 Mar 2011
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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