# taz.de -- Krise in der Elfenbeinküste: Neues Massaker in Abidjan | |
> Dutzende Menschen sterben bei Artilleriebeschuss eines belebten Marktes | |
> in Abobo. Die UN sprach von einem möglichen "Verbrechen gegen die | |
> Menschlichkeit". | |
Bild: Die Straßen Abobos werden seit mehreren Wochen von einem sogenannten "un… | |
BERLIN taz | In der Elfenbeinküste haben die Sicherheitskräfte des | |
abgewählten Expräsidenten Laurent Gbagbo erneut ein Blutbad angerichtet. | |
Mindestens 25 Menschen kamen nach UN-Angaben ums Leben, als Abobo, eine | |
Oppositionshochburg in der Metropole Abidjan, am Donnerstagmittag mit | |
schwerer Artillerie beschossen wurde und ein Geschoss im belebten Markt | |
Siaka Kone im Quartier Marley landete. Zahlreiche Verletzte wurden in | |
Krankenhäuser eingeliefert. Der UN-Menschenrechtsrat sprach von einem | |
möglichen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". | |
Das Gbagbo-Lager wies jede Verantwortung für das Massaker zurück und | |
erklärte, seine Streitkräfte seien in Abobo nicht im Einsatz gewesen. | |
Augenzeugen berichteten jedoch nach Angaben lokaler Medien, die Schüsse | |
seien von einem Panzer der Gbagbo-Streitkräfte abgegeben worden, der damit | |
auf einen Angriff auf die verbleibende von Gbagbos Truppen kontrollierte | |
Militärkaserne Abobos durch Rebellen geantwortet habe. | |
Die Straßen Abobos werden seit mehreren Wochen von einem sogenannten | |
"unsichtbaren Kommando" beherrscht, das die für zahlreiche Morde | |
verantwortlichen Gbagbo-Truppen weitgehend vertrieben beziehungsweise in | |
ihre Kasernen zurückgedrängt hat und auch immer wieder Versuche der | |
Rückeroberung des Stadtviertels zurückschlägt. Bombardierungen und Angriffe | |
in Abobo durch Gbagbos Streitkräfte haben bereits Hunderttausende von | |
Menschen in die Flucht getrieben. Der schwere Artilleriebeschuss in Abobo | |
dauerte nach Angaben von Augenzeugen in der Nacht zum Freitag an. | |
Kurz vor dem Blutbad vom Donnerstag hatte der gewählte Präsident Alassane | |
Ouattara, der sein Amt bis heute nicht antreten kann, die nordivorischen | |
Rebellen der FN (Forces Nouvelles) sowie die ihm loyalen Teile der | |
Regierungsstreitkräfte gemeinsam zu seiner neuen Regierungsarmee FRCI | |
(Republikanische Kräfte der Elfenbeinküste) ernannt. Damit gelten nun die | |
FN-Rebellen, die bereits die Nordhälfte der Elfenbeinküste kontrollieren, | |
offiziell als Regierungsarmee, sagten Diplomaten in Abidjan. Ouattara | |
befahl allen Militärs der Elfenbeinküste förmlich, sich den FRCI zur | |
Verfügung zu stellen. | |
Am Freitagfrüh gab es nach Angaben von Gbagbos Staatsfernsehen einen | |
Angriff auf Gbagbos Verteidigungsministerium in Abidjan; 12 Angreifer seien | |
getötet worden. Medien in Abidjan analysierte, Ouattaras Streitkräfte | |
würden ab jetzt militärische Einrichtungen in der ganzen Stadt angreifen | |
mit dem Ziel, sie zu übernehmen und damit das verbleibende Gbagbo-Militär | |
zum Überlaufen zu bewegen. | |
In einer Fernsehansprache rief Gbagbo am Freitagnachmittag die | |
Ouattara-treuen Streitkräfte dazu auf, ihre Waffen niederzulegen, und | |
stellte einen "inner-ivorischen Dialog" in Aussicht. Ouattara und die | |
internationale Gemeinschaft fordern hingegen Gbagbos Rücktritt. Gbagbo | |
hatte im November 2010 Präsidentschaftswahlen in der Elfenbeinküste gegen | |
Ouattara verloren, erkennt seine Wahlniederlage allerdings nicht an. Die | |
Afrikanische Union (AU) hatte Ouattara vor einer Woche nach einer | |
gescheiterten Vermittlungsmission endgültig als Präsidenten anerkannt. | |
18 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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