# taz.de -- Hannover-Tatort: "Mord in der Ersten Liga": Homos und Hools | |
> Der DFB-Boss war Pate der Idee, Hannover 96 stellt Stadion und Kulisse. | |
> Trotzdem bleibt dieser "Tatort" ein ziemlich schwaches Match. | |
Bild: Die Ermittlungen dauern 90 Minuten: Charlotte Lindholm im Büro von Hanno… | |
"Warum darf ein Profifußballer nicht schwul sein?" - "Natürlich darf er | |
das. Aber wir heißen ja nicht Hannover 69": Ja, dieser "Tatort" fasst mal | |
wieder ein gesellschaftlich ganz heißes Thema an. | |
Und geht mitten rein: Gedreht wurde bei Hannover 96, die Kulisse ist zur | |
Abwechslung mal echt. Doch nützt das verhältnismäßig wenig, wenn die | |
Auseinandersetzung mit der Thematik auf dem Niveau des oben zitierten | |
Wortwechsels zwischen der ach so aufgeklärten Kommissarin und ihrem | |
dicklichen Mitarbeiter bleibt. | |
Dieser Paul Näter ist natürlich auch noch der prototypische wimpelhangene | |
Fußballfan mit Devotionalienschrankwand im Büro, wie ihn das Fernsehen | |
nicht klischeehafter inszenieren könnte. Und am Ende bleibt der Schluss: | |
Wenn sich trotz DFB-Präsident Theo Zwanzigers Verbalbemühungen um weniger | |
Homophobie im Fußball noch kein Bundesliga-Profu geoutet hat, liegt dies | |
zumindest nach diesem "Tatort" auch daran, dass man es sofort mit Charlotte | |
Lindholm (Maria Furtwängler) zu tun hätte. | |
Die Kommissarin des fiktiven Niedersächsischen Landeskriminalamts mit | |
fliegendem Dienstort bleibt dieses Mal hübsch in der Hauptstadt – ein | |
Spitzenspieler von Hannover 96 liegt in der Nacht nach einem nicht so | |
überragend gelaufenen Match am Maschsee. Allerdings ist es November, | |
matschig – und Kevin Faber (Stephan Waak) tot. | |
Faber hatte sich vor Kurzem unbeliebt gemacht, weil er in einem Interview | |
die vereinseigenen Hooligans scharf attakierte. Außerdem ist da noch die | |
Freundschaft zum Vereinskollegen Ben Nenbrook (Luk Pfaff), bei der Lindholm | |
umgehend auf mögliche Homosexualität tippt. Warum, wird zwar nicht so ganz | |
klar, aber nun ist wenigstens das Thema im Spiel. DFB-Präsident Zwanziger | |
höchstpersönlich soll nach Presseberichten mit der Idee ans "Tatort"-Team | |
herangetreten sein. | |
"Mord in der Ersten Liga" (Buch: Harald Göckeritz) bemüht sich vielleicht | |
auch deshalb, neben dem alles andere als kleinen Stoff schwule Profikicker, | |
gleich noch einen Schwung weiterer Fußballfelder abzuarbeiten: Lindholm | |
ermittelt mit der ihr eigenen Unantastbarkeit im Hooligan-Milieu und stößt | |
auf den skrupellosen Talentscout und Jungspieler-Manager Leo Biller | |
(Alexander Held), bei dem Kevin Faber unter Vertrag stand. | |
Leider gelingt es auch der Regie des sonst so versierten Nils Willbrandt | |
nicht, all diese Handlungsstränge unter einen Hut zu bringen. So bleiben | |
die Hooligans als miese Parkhaus-Schlägertypen mindestens so klischeehafte | |
Staffage wie Lindholm Ermittlerkollege und Normalbürgervertreter Näter | |
(Fritz Roth). Und dass sich – vermutlich zum Ausgleich für die nach | |
ARD-Philosophie ansonsten für die weibliche "Tatort"-Fangemeinde zu | |
männliche Thematik – ausgerechnet zwischen einem undercover bei den Hools | |
recherchierenden Journalisten (Benjamin Sadler) und Lindholm zarte Gefühle | |
("Man, bist du 'ne Eiskalte") regen, ist völlig überflüssig. | |
Am Ende wird nicht nur der Mord geklärt, sondern volkstherapeutisch | |
wertvoll outet sich ein schwuler Spieler – und wird von den Fans natürlich | |
nicht gelyncht, sondern mit tosendem Applaus gefeiert. Das mit hat "Mord in | |
der Ersten Liga" seine gesellschaftliche Aufgabe erfüllt. | |
Ein guter Krimi ist dieser "Tatort" deshalb aber nicht. Vielmehr scheint | |
sich hier eine Trendwende anzubahnen: In den vergangenen Jahren tat es | |
vielen gesellschaftlichen heißen Eisen gut, als Krimi verpackt aufs | |
Fernsehen losgelassen zu werden. Das Thema Schwulsein und Profifußball | |
hätte einen anderen Film verdient. | |
20 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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