# taz.de -- Risikoreiche Zinswetten: Deutsche Bank verliert vor Gericht | |
> Der BGH hat ein Herz für Mittelständler und Kommunen. Diese hätten bei | |
> riskanten Zinswetten besser aufgeklärt werden müssen. Jetzt muss die | |
> Deutsche Bank entschädigen. | |
Bild: Eine generelle Pflicht für Banken, darüber aufzuklären, ob die Bank be… | |
KARLSRUHE taz | Peinliche Schlappe für die Deutsche Bank. Weil sie einen | |
Kunden bei hochriskanten Zinswetten falsch beraten hat, muss sie nun | |
541.074 Euro Schadensersatz plus Zinsen zahlen. Das entschied am Dienstag | |
der Bundesgerichtshof (BGH). Und da es sich um einen Musterprozess | |
handelte, muss die Bank mit zahlreichen weiteren Ansprüchen von anderen | |
Kunden rechnen. Laut einem Banksprecher geht es um Summen "im mittleren | |
zweistelligen Millionenbereich". | |
Kläger in Karlsruhe war der mittelständische Unternehmer Willi Blatz. Mit | |
seiner Ille GmbH stellt er vor allem Papierhandtücher für Toiletten her. | |
2005 bekam er von der Deutschen Bank ein scheinbar verlockendes Angebot. | |
Ohne einen Euro einzusetzen, könne er mit Zinswetten (Spread Ladder Swaps) | |
auf den Abstand zwischen kurz- und langfristigen Zinssätzen spekulieren. | |
Gut klingende Prognosen wurden vorgelegt, Blatz und seine Tochter, eine | |
Volkswirtin, unterschrieben. Doch dann entwickelten sich die Zinsen | |
dramatisch anders als prognostiziert, der Mittelständler machte rund eine | |
halbe Million Euro Verlust. Er fühlte sich über den Tisch gezogen. | |
Und Blatz war nicht der Einzige. Nach Angaben von Klägeranwalt Jochen Weck | |
verkaufte die Deutsche Bank das komplexe Produkt rund 700-mal, vor allem an | |
Mittelständler, aber auch an Kommunen. Den Gesamtschaden schätzt Weck auf 1 | |
Milliarde Euro. Allein die Stadt Hagen verzockte mehr als 50 Millionen | |
Euro. Viele der empörten Anleger klagten, doch in den unteren Instanzen | |
gewann meist die Deutsche Bank. | |
Ganz anders nun das Urteil des BGH, das den Banken strenge Anforderungen an | |
ihre Beratung diktierte. So müsse zunächst die Risikobereitschaft des | |
Kunden erfragt werden. Darauf könne auch bei einer Diplom-Volkswirtin nicht | |
verzichtet werden. | |
Bei Zinswetten müsse die Bank zudem deutlich machen, das "nicht nur | |
theoretisch" ein unbegrenztes Verlustrisiko besteht, das "ruinös" sein | |
könne. Der Kunde müsse so informiert werden, dass er "im Wesentlichen den | |
gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank", sagte | |
der Vorsitzende Richter Ulrich Wiechers. | |
Drittens muss bei Zinswetten deutlich werden, wenn diese von vornherein mit | |
einem negativen Marktwert belastet sind, mit dem die Bank ihre Kosten, | |
Risiken und Gewinne sichere. Im Fall der Ille Gmbh handelte es sich um | |
80.000 Euro (4 Prozent der auf eine Bezugssumme von 2 Millionen Euro | |
laufenden Wette). | |
Die Bank müsse allerdings nicht offenlegen, dass sie mit solchen Geschäften | |
Gewinne macht. "Dieser Interessenskonflikt ist offenkundig", so Richter | |
Wiechers. Die von Bank-Anwalt Reiner Hall für den Fall einer derart | |
weitgehenden Aufklärungspflicht angekündigte "zweite Finanzkrise" bleibt | |
den Banken also erspart. | |
Im konkreten Fall gab der verschwiegene "negative Marktwert" den Ausschlag | |
für den Erfolg der Klage. Die anderen Punkte wurden offengelassen, um eine | |
neue Beweisaufnahme zu vermeiden. Für Willi Blatz und seine Tochter ist der | |
Prozess damit abgeschlossen, sie bekommen ihren gesamten Verlust ersetzt. | |
Doch auch für die Deutsche Bank bleiben die Folgen überschaubar, weil viele | |
Kläger ihre negativen Urteile rechtskräftig werden ließen oder sich mit der | |
Bank verglichen. | |
(Az. XI ZR 33/10) | |
22 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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