# taz.de -- Stellenabbau beim Eisenbahnbauer Alstom: 700 Jobs weg in Salzgitter | |
> Obwohl es der Branche gut geht, will Eisenbahnbauer Alstom sein Werk auf | |
> Profit trimmen. Die Landesregierung ist nicht erfreut und will mit allen | |
> Beteiligten reden. | |
Bild: Für die Nachwelt: Ein Alstom-Mitarbeiter fotografiert den Protest von et… | |
HAMBURG taz | Der Bahntechnik-Konzern Alstom, der in Salzgitter in großem | |
Umfang Arbeitsplätze abbauen will, schließt betriebsbedingte Kündigungen | |
nicht aus. Wie Alstom-Sprecher Immo von Fallois der taz sagte, suche man | |
aber nach einer "sozialverträglichen Lösung". Wie das genau aussehen solle, | |
müsse jetzt mit dem Betriebsrat ausgehandelt werden. | |
Alstom hatte am Dienstag mitgeteilt, dass rund 700 der 2.800 Stellen des | |
Werks in Salzgitter gestrichen werden sollen. Zeitlich befristete | |
Arbeitsverhältnisse würden nicht verlängert. Aus Sicht der Gewerkschaft IG | |
Metall ein Kahlschlag: Mit Zeit- und Leiharbeitern sowie den Inhabern von | |
Werksverträgen sei jeder Zweite betroffen. "Damit wäre das Schicksal des | |
Standortes besiegelt", sagt IG Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine. "Diesen | |
Rückzug auf Raten werden wir nicht widerstandslos hinnehmen." | |
Unternehmenssprecher Fallois sagt, die Fabrik in Salzgitter sei zwar | |
"derzeit" gut ausgelastet, "aber wir sind nicht profitabel genug". Seit | |
vier bis fünf Jahren schon sprächen Geschäftsführung und Belegschaft | |
darüber, wie sich das verbessern ließe. Die jüngsten Vorschläge des | |
Betriebsrates seien geprüft worden. | |
Nach Wochen der Überlegung sei auf hoher Ebene entschieden worden, Stellen | |
abzubauen, wobei die genannte Anzahl nur eine erste Annäherung sei. Dass | |
die Arbeitsplätze nach Polen verlagert werden sollen, bestreitet Fallois: | |
Das Thema Verlagerung stehe "nicht an vorderer Stelle". | |
Die IG Metall hatte am Dienstag behauptet, die Pariser Konzernzentrale | |
plane den Rohbau aus Salzgitter nach Polen zu verlagern. Spätestens Anfang | |
2012 werde die Produktion dann nicht mehr ausgelastet sein, befürchteten | |
die Betriebsräte. "Ohne Rohbau und Vorfertigung ist das Ende für den | |
Standort nur noch eine Frage der Zeit", so Horst Ludewig, zweiter IG | |
Metall-Bevollmächtigter in Salzgitter. Trotz hervorragender Marktsituation | |
solle hier ein Standort platt gemacht werden. | |
Sascha Nicolai vom Verband der Bahnindustrie bestätigt, dass hier keine | |
"branchenspezifische Symptomatik" vorliege: "Das ist ein Alstom-Thema." | |
Jürgen Siegmann, Leiter des Fachgebiets Schienenfahrwege und Bahnbetrieb an | |
der TU Berlin schätzt die Marktlage für Schienenfahrzeuge ebenfalls als gut | |
ein. Er vermutet, das Alstom-Management wolle vor allem Geld verdienen und | |
denke nicht langfristig. "Man verliert dort 700 Fachleute", warnt er. Das | |
sei ein Personalstamm, der nur mühsam wieder aufgebaut werden könne. Viele | |
dieser Leute würden von anderen Firmen liebend gerne übernommen. | |
Alstom-Sprecher Fallois versichert, Salzgitter werde ein sehr wichtiger | |
Standort bleiben - zurzeit sei er weltweit der größte des | |
Transport-Segments von Alstom. "Wir müssen in der Tat aufpassen, dass wir | |
den Standort nicht minimieren", räumt er ein. Und deshalb müsse er | |
wettbewerbsfähig gehalten werden. Alstom rechne vor allem in den | |
Schwellenländern Brasilien, Russland, Indien und China mit großen | |
Wachstumschancen. Im Bahnsegment treffe das vor allem auf Russland zu. "Da | |
wollen wir weiter investieren." | |
Die niedersächsische Landesregierung kündigte für die kommende Woche | |
Gespräche mit Konzernleitung, Betriebsrat und IG Metall an. | |
Ministerpräsident David McAllister (CDU) hatte den geplanten Jobabbau als | |
nicht nachvollziehbar kritisiert: "Vom Vorstand von Alstom hätte ich mir | |
konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erhofft". | |
Der SPD-Abgeordnete Gerd Will warnt: "Ein Ausbluten der | |
Schienenfahrzeugproduktion in Salzgitter würde Niedersachsen | |
industriepolitisch extrem schwächen." | |
23 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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