# taz.de -- Spreewaldkrimi im "ZDF": Die Mystik der Gurke | |
> Der Spreewaldkrimi geht mit "Die Tränen der Fische" (Montag 20.15 Uhr, | |
> ZDF) in Runde drei. Der Kommissar ist schön trocken, leider kann die | |
> Atmosphäre nicht mit ihm mithalten. | |
Bild: Verbrecher gibt'*s auch in der Idylle: Das SEK nähert sich dem Haus, in … | |
Der deutsche Krimi „hat ein eigenes klares Profil. Und das heißt mit | |
wenigen Ausnahmen: Provinz“. Das schrieb schon in den siebziger Jahren die | |
Krimi- und Kinderbuch- und Drehbuchautorin („Der Trotzkopf“) Irene Rodrian. | |
Sie meinte damals die Kriminalliteratur – und „Provinz“ meinte sie ganz u… | |
gar nicht positiv. Wer will sich schon „provinziell“ schimpfen lassen. | |
Vielleicht liegt es daran, dass im Fernsehen der Provinzkrimi erst in der | |
jüngeren Vergangenheit so richtig angekommen ist. | |
Als exemplarisch dafür mag der „Tatort“ gelten. Die der föderalen ARD-DNA | |
geschuldete Sendereihe hat über Jahrzehnte gerade keine Provinzkrimis | |
abliefern wollen. Die Tatorte spielten konsequent immer in den großen | |
Städten des jeweils produzierenden ARD-Senders. Auch der unbeirrt | |
daherschwäbelnde, inzwischen pensionierte Bienzle war in Stuttgart zuhause | |
– dem am wenigsten provinziellen Ort des deutschen Südwestens. Die | |
obligatorische Landpartie kam zwar auf jeden „Tatort“-Kommissar irgendwann | |
zu – der Hamburger Kommissar Stoever fuhr zum Beispiel einmal auf die Insel | |
Neuwerk – blieb aber die Ausnahme. Kriminalfilme waren keine Heimatfilme. | |
Inzwischen sieht das anders aus. Inzwischen gab es da etwa die Filme des | |
„Amrum“-Trios Schmidt/Imboden/Schönemann, zuletzt „Wespennest“; inzwis… | |
hat Herbert Knaup als Allgäuer Kommissar Kluftinger ermittelt und Caroline | |
Peters in „Mord mit Aussicht“ im Eifeldorf „Hengasch“. Alle diese Proje… | |
sind auf Fortsetzung angelegt. | |
Das gilt auch für den „Spreewaldkrimi“, der heute Abend in der Version von | |
Regisseur Thomas Roth in die dritte Runde geht. Wer selbst schon einmal im | |
Spreewald war, kann sich nur wundern, reiht sich doch in den Fließen und | |
Kanälen der „magisch-märchenhaften Landschaft“ (Presseheft) im Sommer ein | |
Touristenkahn an den anderen. Von Einsamkeit und Abgeschiedenheit keine | |
Spur. Hier aber ist Harry Ritter der Einzige weit und breit, der mit seinem | |
Kajak an Mona Panaschs Gurken-und-Schmalzbrote-Stand haltmacht, sein | |
Interesse ist nicht touristisch motiviert. | |
Harry Ritter, um ihn kreist die Handlung, wird gespielt von Uwe Kockisch. | |
Als Commissario Brunetti vertritt er sonst jenseits der Alpen das Gesetz. | |
Anders hier: „Er is’n Verbrecher, Mona. Alles, was er bringt, ist Kummer | |
und Leid. Solange ich denken kann. Der hat mehr Zeit im Knast verbracht als | |
draußen. Mal hat’s ’n halbes Jahr gedauert, mal ’n Jahr, dann fuhr er | |
wieder ein. Arthur Ritter. Meiner Mutter hat’s jedes Mal das Herz | |
gebrochen. Jedes Mal.“ | |
Der das sagt, ist sein Sohn Matthias Panasch (Matthias Koeberlin), | |
Nachwuchsstaatsanwalt. Drehbuchautor Thomas Kirchner („Das Wunder von | |
Berlin“) hat dem Zufall ein bisschen auf die Sprünge geholfen und | |
ausgerechnet ihn mit einem Mordfall betraut, der seinen Grund im | |
kriminellen Vorleben des Vaters hat. Kommissar Krüger (Christian Redl), der | |
Ermittler in den „Spreewaldkrimis“, ist ein genregemäßer loner und hält | |
nichts von Zusammenarbeit: „Auf 500 Fragen kommt nur eine interessante | |
Antwort. Ich denke, es würde reichen, wenn ich Ihnen die dann rechtzeitig | |
mitteile.“ | |
So schön trocken wie ihr Kommissar, ist die „Krimireihe, in der Seelen- und | |
Naturstimmungen sich spiegeln und durchdringen“ (Presseheft), leider nicht. | |
Naturmystik-Hokuspokus statt des deftig-ironisch-überzeichneten Umgangs mit | |
den Landeier-Klischees in „Wespennest“ und „Mord mit Aussicht“. | |
Was, besser gesagt: wer den Film allemal sehenswert macht, ist Henry | |
Hübchen. Als Commissario Laurenti vertritt er sonst jenseits der Alpen das | |
Gesetz. Die Rolle hier liegt ihm besser. Heftig berlinernd, ausgestattet | |
mit einer an den George Clooney aus „From Dusk Till Dawn“ erinnernden | |
Tätowierung – nur etwas kleiner – und einem Revolver, der auch nur etwas | |
kleiner ist als der von „Dirty Harry“, skizziert er in den wenigen Szenen | |
seiner Nebenrolle einen hinreißend versifften und verwahrlosten und | |
verdorbenen Schurken („Schlange“). Hübchen fürchtet die Überzeichnung | |
nicht. Aber das wäre ja auch klein – und provinziell. | |
28 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
## TAGS | |
ARD | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Freitagabendfilm „Besuch für Emma“: ARD kann auch gut | |
Überraschend: „Besuch für Emma“ erzählt von Armut und Einsamkeit mitten … | |
der Großstadt – und bedient trotzdem keine Klischees. |