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# taz.de -- Verkehr auf zwei Rädern: Locker leichte Proberunden
> Die erste Verbrauchermesse für Radfahrer bleibt überschaubar. Beliebt
> sind Probefahrten mit Elektrorädern - dabei sind die Besucher eher
> neugierig denn kaufwillig.
Bild: Immer mehr Berliner steigen auf das Rad um.
Zugegeben, sie machen Freude, diese Elektroräder. Einmal das Pedal
angestupst, und schon rollt es. Sensibel wie das Gaspedal beim Auto. Die
Beine drehen sich im Prinzip nur noch formell mit fürs Aussehen, den Rest
macht der Motor. In null Komma nichts ist man einmal herum auf dem Rundkurs
in Halle 21 B, weniger sportlich als reaktionsschnell gefordert: Der
E-Bike-Parcours ist die beliebteste Anlaufstelle auf der VeloBerlin, auf
dem mutig gezogenen Rund kann es eng werden. Ansonsten bleibt die
Besucherzahl auf der ersten Berliner Radschau für Verbraucher überschaubar,
viele Themen werden nur gestreift - bis zur von den Veranstaltern
angestrebten Leitfunktion für die Branche ist es noch ein Stück Weg.
"Ich wollte mich wirklich einmal schlaumachen wegen E-Bikes", erzählt Anke
Boldt, als sie nach zwei Proberunden von einem der batteriegestützten Räder
steigt. Sie ist aus Karlshorst zum Messegelände in Charlottenburg gekommen.
Mit der S-Bahn wegen der Kälte. Sonst mache sie fast alles mit dem Rad.
"Ich bin jetzt fast 70, noch radele ich im Urlaub meine 80 Kilometer
täglich - aber was ist in zehn Jahren?", fragt sich Boldt.
Der Reiz der sogenannten Pedelecs - also der E-Räder, die die körperliche
Bewegung unterstützen: "Ich bestimme, wie viel Antrieb ich zugeführt haben
möchte", so Boldt. "So bleibt es sportlich."
Weil die Rentnerin ihre Urlaube gern im Sattel verbringt, hält sie auch
nach Neuerungen auf dem GPS-Markt Aussicht. Das ständige Kartengucken sei
ihr zu lästig, sagt Boldt. Ein bisschen schauen, ein bisschen ausprobieren,
ein bisschen staunen, das wollen die meisten in den drei Hallen, die die
VeloBerlin angemietet hat. Händler und Hersteller präsentieren Lastenräder,
Pizza-Flitzer und Kinderräder sowie Räder mit Platz für Werbeflächen.
Stadler und das Radhaus, die großen Handelsfilialisten, sind da und bieten
deutlich reduzierte Radklamotten feil. Modische Helmmodelle sind zu sehen,
Schlösser und massige Anhänger für den Nachwuchs.
Die Verkehrsverwaltung hat einen Stand, bei dem sie über die Radrouten in
der Stadt informiert, der ADFC informiert über seinen Frühlingscheck und
geführte Radtouren im Umland, die AOK lädt zum Gesundheitscheck - die
üblichen Verdächtigen. Weil Fahrradfahren zum Lifestyle geworden ist, wird
Retro chic und teuer. Rennräder mit Stahlrahmen, die ein bisschen abgeranzt
aussehen sollen, Stadträder mit hohen Lenkern und handgeflochtenen Körben
davor, auch sie nehmen viel Ausstellungsfläche ein. In der Zwischenhalle
singt eine Country-Fahrrad-Band, eingerahmt von vier Fahrern auf
Standrädern, die Strom für die Verstärker ertreten. Jenny Braune ist etwas
enttäuscht nach einem ersten Rundgang. "Es könnte mehr sein, vor allem an
speziellen Sachen, mehr Zubehör zum Beispiel", sagt die Pankowerin. Sie ist
mit ihrem Freund da, eines der wenigen Paare ohne Kinder, dabei noch weit
weg vom Seniorenalter.
Auch Andrea Schmalz hatte auf mehr Erhellendes gehofft. Sie ist mit ihrer
Tochter Alina gekommen. Die Zwölfjährige soll ein Elektrorad bekommen, um
die neun Kilometer Schulweg künftig mit dem Rad zurückzulegen. "Mir fehlt
eine übergeordnete Anlaufstelle, die mir mal ein paar Fragen beantworten
kann", sagt Andrea Schmalz. "Zum Beispiel, ab welchem Alter Kinder mit
Elektrorädern fahren dürfen, was ich speziell bei Kindermodellen beachten
muss und so." Mutter und Tochter stehen etwas verloren im
Rundkurs-Abfahrtsbereich, Alina mit Helm auf dem Kopf. Noch sind Fahrräder
und der Service drum herum in der Entwicklung und eher der Hoffnungsträger
der Branche. Als Rad für die breite Bevölkerung scheitern E-Bikes am Preis,
sie kosten zwischen 1.500 und 2.000 Euro.
Der Service um Gerät und Technik ist ausbaufähig - zum Beispiel die
Beratung, die Familie Schmalz auf der Messe sucht. Dazu kommt die Sache mit
dem Image. "Ich finde die furchtbar vom Aussehen her", entgegnet die
Pankowerin Braune auf die Frage, ob so ein Rad für sie infrage komme. Auch
Anke Boldt offenbart doch mehr Probleme mit dem Ansehen von Elektrorädern
als anfangs behauptet. "Noch bin ich fit!", sagt sie. "Wenn, dann möchte
ich keines mit dem Motor zwischen Stange und Hinterrad, sondern auf dem
Gepäckträger", erklärt sie und zeigt am Probeflitzer, wie sie sich das
vorstellt. "Da sieht man den Antrieb nämlich nicht so."
27 Mar 2011
## AUTOREN
Kristina Pezzei
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