# taz.de -- Atomdebatte: Bremische Ausstiegs-Versuche | |
> Der frühere Umweltsenator Ralf Fücks soll in Berlin über den | |
> Ausstiegskonsens mitreden. Der Bremer Versorger SWB pokert seit zwei | |
> Jahren um den Grohnde-Ausstieg. | |
Bild: Das AKW Grohnde strahlt auch für die Gewinne des Bremer Energieversorger… | |
Der frühere Bremer Umweltsenator Ralf Fücks war gestern ein gefragter Mann. | |
Nachdem bekannt geworden war, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel ihn | |
gern in der Ethik-Kommission haben würde, wird auf eine Entscheidung | |
gewartet, ob er das Angebot zu einem schwarz-grünen Kompromissversuch | |
annimmt oder nicht. Fücks, der Geschäftsführer der Böll-Stiftung ist, weilt | |
dieser Tage in Washington, telefoniert aber in Sachen Ethik-Kommission und | |
bereitet seine Entscheidung vor, wie sein Büro mitteilt. Alte Mitstreiter | |
aus dem Umfeld der Grünen gehen nicht davon aus, dass Fücks zu einem | |
solchen Angebot, das ihn ins Zentrum der Politik zurückbringen würde, | |
"Nein" sagen könnte. | |
Auf der Internetseite der Böll-Stiftung steht seit Sonntag ein mehrdeutiger | |
Text zu der Frage. Dass sein Name einen Tag vor den Landtagswahlen | |
"lanciert" wurde, spräche "nicht für die Seriosität des Unternehmens", | |
erklärte Fücks. Zwei Sätze weiter aber ist die Rede von "Verständigung", | |
was nur als Anspielung auf einen parteiübergreifenden Kompromiss verstanden | |
werden kann: "Was jetzt ansteht, ist die Verständigung auf einen | |
beschleunigten Ausstieg, flankiert vom Ausbau erneuerbarer Energien und | |
mehr Energieeffizienz." Bis Redaktionsschluss gab es gestern noch keine | |
Entscheidung von Fücks. | |
Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit finden seit bald zwei Jahren | |
Verhandlungen zwischen den Bielefelder Stadtwerken und den ehemaligen | |
Bremer Stadtwerken, inzwischen SWB, um die Bremer Profite aus dem AKW | |
Grohnde statt. Zwischen zehn und 15 Millionen Euro jährlich ist die | |
Rendite, die die SWB aus der Beteiligung an dem AKW Grohnde bekommt. Die | |
Bremer waren im Jahre 2002 mit 49,9 Prozent der Anteile bei den Bielefelder | |
Stadtwerken eingestiegen und hatten damals 335 Millionen Euro dafür | |
bezahlt. Jetzt will die Stadt Bielefeld "ihre" Stadtwerke rekommunalisieren | |
und die Bremer Anteile für 109 Millionen Euro zurück haben. | |
Grundlage für das Rückkaufrecht war der Eigentümerwechsel der SWB von | |
Essent zur EWE. Schon im Jahre 2009 war keine Einigung über eine | |
Rückkaufsumme zu erzielen und auch nicht über einen unabhängigen Gutachter. | |
So hat das Institut der Wirtschaftsprüfer einen eingesetzt und der hat die | |
Summe von 109 Millonen Euro als Wert der 49,9 Prozent festgestellt. Da | |
Bremen das Gutachten anzweifelt, brütet seit Monaten ein dreiköpfiges | |
Schlichtergremium darüber, ob dieses Gutachten korrekt angefertigt ist. | |
Wenn ja, dann hat Bielefeld einen Rechtsanspruch auf den Rückkauf zu dieser | |
Summe. Die letzte Sitzung des Schiedsgerichtes am 23.3. wurde auf den 27.4. | |
vertagt. | |
Bei dem Schiedsgerichts-Streit geht es um die Bewertung anderer Töchter der | |
Bielefelder Stadtwerke, vor allem der Verkehrsbetriebe und weniger um den | |
Wert der Grohnde-Beteiligung. Die derzeitige Atom-Debatte könnte gleichwohl | |
Auswirkungen haben. Wenn nun teure Sicherheitsinvestitionen drohen, könnten | |
die Gewinne aus dem AKW sinken - und die Bereitschaft der SWB steigen, sich | |
auf den Gutachterpreis zu verständigen. | |
30 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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