# taz.de -- DIE PROSA DER PARTEIEN: Grüne sind gerecht für alle | |
> Die Bremer Grünen wollen am 22. Mai auf "20 plus" kommen und die CDU | |
> überrunden - vermutlich trotz eines Wahlprogramms ganz ohne strittige | |
> Forderungen. | |
Bild: Das wirkt jetzt alles etwas welk, ist aber immer so vor der Ernte. | |
Die Bremer Grünen haben ihr Wahlprogramm offiziell verabschiedet - | |
verbunden mit der Hoffnung, dass sie im Aufwind des baden-württembergischen | |
Wahlergebnisses nicht nur über 20 Prozent kommen, sondern auch die Bremer | |
CDU überflügeln. Wer sich die Mühe macht, die 76 Seiten Wahlprogramm zu | |
lesen, muss den Eindruck gewinnen: An dem jedenfalls wirds am Ende nicht | |
gelegen haben - so oder so. Kontroverse Forderungen nämlich fehlen darin - | |
und so spielte Streit auch beim Programmparteitag vergangene Woche keine | |
Rolle. | |
"Wir wollen die Strom- und Wärmeversorgung für das Land Bremen zu 100 | |
Prozent auf erneuerbare Energien aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und | |
Erdwärme umstellen", heißt es nun im Programm gleich nach der Einleitung - | |
allerdings nur "bis spätestens 2050". Der CO2-Ausstoß in Bremen soll "bis | |
2020 um 40 Prozent verringert" werden. | |
Hinter solchen Sätzen steht sicherlich viel guter Wille. Eine | |
Konkretisierung, welche Maßnahmen welche Effekte erzielen könnten, wäre | |
allerdings auch schön gewesen, in einem Programm. Bloß: Die gibt es nicht. | |
Da sind Sätze wie: "Grüne rücken die Bedürfnisse von Kindern und | |
Jugendlichen in den Vordergrund" schon dankbarer, sie versprechen nichts, | |
was konkretisiert werden müsste. Vor vier Jahren hat das grüne Wahlprogramm | |
schlicht "Armut bekämpfen" plakatiert. Der konkreteste Punkt unter dieser | |
Überschrift lautete: "mehr Familienhebammen". In dem neuen Wahlprogramm ist | |
an die Stelle der lauten Forderungen eine Beschreibung von Armut getreten. | |
"Die rot-grüne Koalition hat einen ,Armuts- und Reichtumsbericht' | |
vorgelegt, der die Problemlagen von Menschen in schwierigen Lebenslagen | |
beschreibt", heißt es da. | |
Während der Bereich Schulen vor vier Jahren mehrere Seiten umfasste, ist | |
dieser Punkt in dem neuen Wahlprogramm knapp gehalten: "Wir setzen uns für | |
gerechte Lernmöglichkeiten für alle ein", heißt es da. War die von der | |
SPD-Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper umgesetzt Schulreform nun das, | |
was den Grünen vorschwebte? Die Antwort fehlt. Nachgeliefert wird sie in | |
den jetzt hinzugefügten "11 Punkten": "Den Umbau des Bremer Schulsystems | |
mit gemeinsamem Lernen in der Oberschule setzen wir wie beschlossen fort", | |
heißt es da. Bekenntnisse zur "Eigenständigkeit der Schule" als | |
"Musterbeispiele einer demokratischen Kultur" fehlen 2011, auch die | |
Ankündigung, man wolle "viele Verordnungen, die die Handlungsfreiheit der | |
Schulen einschränken, außer Kraft setzen". | |
Vor dem Hintergrund, dass die Grünen den für Verkehrspolitik zuständigen | |
Senator stellen, sind die Aussagen zu Konfliktpunkten in diesem Bereich | |
besonders interessant. "Wir wollen erreichen, dass die Zeit des | |
überdimensionierten Straßenbaus zu Ende geht", heißt es da. Eine Anspielung | |
auf die Planungen für die A 281? "In Kattenturm wird mit uns der Bau einer | |
Querspange zur Kattenturmer Heerstraße nicht möglich sein", donnert das | |
Wahlprogramm. Ein Glück für die Grünen, dass ihr Bausenator den Prozess vor | |
dem Bundesgerichtshof verloren hat! | |
Ein wunderschöner Satz aus dem Wahlprogramm 2007 fehlt 2011 leider: "Die | |
Grünen bekennen sich zu dem Erhalt der Selbstständigkeit Bremens, auch wenn | |
es schwer wird." | |
3 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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