# taz.de -- Hamas und Israel: Fragile Ruhe | |
> Dutzende Opfer auf palästinensischer Seite forderte der Schlagabtausch | |
> der vergangenen Tage. Nun bemüht man sich offenbar um Deeskalation. | |
Bild: 25 Menschen starben in der vergangenen Woche: Frauen in Gaza City. | |
JERUSALEM taz | Kaum erreichen Israel und die Hamas eine inoffizielle | |
Waffenruhe, schon warnt Außenminister Avigdor Lieberman, dass die | |
Islamisten die Feuerruhe zur Aufrüstung missbrauchen würden. Die beiden | |
Konfliktparteien fanden über verschiedene Kanäle, darunter Ägypten und die | |
UN sowie, laut Haaretz, Norwegen und die Schweiz, doch zueinander. Am | |
Montag gingen noch einige Raketen aus Gaza in Israel nieder. Die | |
israelische Armee sah aber von neuen Angriffen ab. | |
Schon am Sonntag hatte Israels Verteidigungsminister Ehud Barak öffentlich | |
erklärt, dass Israel nicht mehr angreifen werde, wenn die Hamas die Waffen | |
niederlege. Im Wortlaut ähnlich äußerte sich Ghazi Hamad, stellvertretender | |
Außenminister der Hamas im Gazastreifen, gegenüber dem Radio Stimme | |
Israels. Die Bilanz der knapp eine Woche andauernden Kämpfe sind 25 Tote, | |
darunter eine Mutter mit ihrem Kleinkind, und über 100 Verletzte auf | |
palästinensischer Seite. Auf israelischer Seite zog sich ein 16-Jähriger | |
bei dem Raketenangriff auf einen Schulbus schwere Kopfverletzungen zu. | |
Infolge der Eskalationen trafen am Sonntag Vertreter der Arabischen Liga | |
auf Bitten von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu einer Sonderberatung | |
in Kairo zusammen. Laut Amr Moussa, dem scheidenden Generaldirektor, werde | |
die Arabische Liga den UN-Sicherheitsrat bitten, ein Flugverbot über dem | |
Gazastreifen zu verhängen, um künftig Angriffe der israelischen Luftwaffe | |
zu unterbinden. | |
## Skepsis gegenüber dem Waffenstillstand | |
Im Gazastreifen wurde schon am Montag Skepsis über die Haltbarkeit des | |
Waffenstillstands laut. "Jede Dummheit kann der Ruhe ein Ende machen", | |
kommentierte der Hamas-Abgeordnete Mushir al-Masri. In Jerusalem stritten | |
die Minister ebenfalls über Sinn und Unsinn der Waffenruhe. Außenminister | |
Lieberman glaubt, dass "der Waffenstillstand den nationalen Interessen | |
zuwiderläuft". Die Hamas, so erklärte er im Radio, kämpfe einen | |
"Zermürbungskrieg" gegen Israel. Es ginge nicht an, dass die Islamisten | |
darüber entschieden, "wann Ruhe ist und wann die Region wieder angeheizt | |
wird". | |
Lieberman genießt die Rückendeckung seines Parteifreundes Uzi Landau, | |
Minister für Nationale Infrastruktur, der der Meinung ist, Israel soll die | |
vor gut zwei Jahren "mit der Operation ,Gegossenes Blei' in Angriff | |
genommene Aufgabe zu Ende führen". Im Verlauf des damaligen Krieges starben | |
über 1.400 Palästinenser. Um die Hamas einzuschüchtern, so setzte Landau | |
hinzu, "müssen wir ihre Angst ausnützen". Es gelte, die Führung der Hamas | |
zu treffen. Innenminister Eli Ischai (Schas) hält indes derzeit eine | |
erneute Bodenoffensive für "vollkommen sinnlos". | |
Infolge des Einsatzes der "Eisenhaube", eines neuen Raketenabwehrsystems, | |
mit dem am Wochenende zehn Grad-Raketen abgefangen werden konnten, | |
entschied die Regierung, vier weitere Anlagen im Wert von rund 60 Millionen | |
Euro zu kaufen. Die Grad-Raketen verfügen über eine Reichweite von 30 | |
Kilometern und können damit drei mittelgroße israelische Städte erreichen. | |
11 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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