# taz.de -- Ankündigung eines Twitter-Streiks: Alle Timelines stehen still | |
> Der Druck auf Medien wächst, Online-Netzwerke zu nutzen. Gewerkschafter | |
> der Nachrichtenagentur AP empfehlen nun einen Twitter-Streik. | |
Bild: Ruht schon länger: einer der Twitter-Accounts von AP. | |
Wenn es nach der US-amerikanischen Journalistengewerkschaft News Media | |
Guild (NMG) geht, treten Reporter und Redakteure der Nachrichtenagentur AP | |
noch in dieser Woche in einen befristeten Twitter-Streik. Ziel der Maßnahme | |
soll es sein, die momentan laufenden Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und | |
Arbeitnehmern zu beschleunigen. | |
Soziale Netzwerke sind eine feine Sache zur Verbreitung von Informationen | |
und Marketingmaßnahmen. Firmen machen sich gegenüber Kunden verfügbar. Auch | |
Journalisten entdecken Facebook, Twitter und Co. - mittlerweile nicht nur | |
als Recherchemedium. Sie nutzen die Social-Media-Plattformen auch, um ihre | |
Texte zu verbreiten. Je mehr Links in den Netzen verteilt werden, desto | |
mehr Klicks kann man generieren. | |
Momentan verhandeln NMG und AP um Vertragsbedingungen und Honorare. Ein | |
echter Streik ist bislang nicht geplant, doch gelten die Diskussionen als | |
festgefahren. Die NMG will deshalb in dieser Woche zu besonderen Maßnahmen | |
greifen: Sie hat ihren Mitgliedern empfohlen, zumindest in den ersten Tagen | |
auf die Verbreitung von AP-Geschichten über Twitter, Facebook und andere | |
soziale Medien zu verzichten. | |
Diesen Teil ihres Jobs erledigten die Journalisten sowieso ohne Entlohnung, | |
behauptet die NMG. Die Journalistengewerkschaft betont, das Engagement in | |
den Netzen sei keine formal vorgeschriebene Arbeit für die Reporter. Sie | |
täten dies freiwillig. Da sei es nur recht und billig, dass man über den | |
Kanal der sozialen Medien nun die Einheit der Gewerkschaft demonstriere, | |
wenn es um das [1][Aushandeln fairer Verträge mit AP ginge.] | |
Der "Twitter-Streik" soll auf jeden Fall am Montag und am Dienstag | |
durchgeführt werden. Am Montag fiel das Angebot an AP-Storys in sozialen | |
Medien denn auch etwas ab. Neben der Social-Media-Maßnahme planen die | |
AP-Gewerkschafter auch noch Demonstrationen vor mehreren Dutzend AP-Büros. | |
Außerdem wollen sie künftig ihre Privatwagen nicht mehr für AP-Aufträge | |
nutzen. | |
## Mehr "Fluff" | |
Der Druck auf Journalisten, soziale Medien zu verwenden, wächst unterdessen | |
auch bei anderen Publikationen. Die Zeitung USA Today plant laut | |
Medienberichten die Einführung sogenannter "Seitenabrufboni". Dabei sollen | |
Redakteure und Reporter, deren Geschichten besonders hohe Abrufzahlen | |
erreichen, einen jährlichen Aufschlag auf ihr Gehalt erhalten. Laut USA | |
Today sei das Thema bislang noch nicht abschließend entschieden. | |
Das Fachblog "Big Lead" [2][schreibt,] Ziel der Vorhabens sei es Autoren | |
dazu zu bringen, "digital" zu denken. Die Frage sei allerdings, was das für | |
die Qualität der Inhalte bedeute. Schließlich würden Bilderschauen, | |
Gerüchte und Promistorys besonders viel geklickt. "Was werden die | |
Auswirkungen sein? Und werden andere Zeitungen mitziehen?" Ein Journalist, | |
der hohe Abrufzahlen will, dürfte sich außerdem vermehrt bei Twitter und | |
Facebook umtun. | |
Der Trend zu "Fluff", wie amerikanische Journalisten solche Themen und | |
Berichte nennen, ist bei USA Today schon jetzt gegeben. Im Herbst | |
vergangenen Jahres wurde bekannt, dass die Zeitung derzeit nur fünf | |
Reporter hat, die sich ums US-Parlament kümmern, während 27 allein für | |
Unterhaltungsnachrichten abgestellt sind. | |
Der Trend, nach Abrufen zu bezahlen, kommt aus der Blogwelt. Das | |
Gawker.com-Imperium des Ex-Journalisten Nick Denton experimentiert mit | |
entsprechenden Modellen schon seit mehreren Jahren. Teilweise ruderte die | |
Firma allerdings wieder zurück, weil Geschichten nach vorne kamen, denen es | |
an Substanz fehlte. Doch für exklusive, viel geklickte Storys erhalten | |
Autoren nach wie vor mehr Geld. | |
Tatsächlich sind auch Werbetreibende mittlerweile weniger an den | |
Abrufzahlen einzelner Geschichten interessiert, stattdessen geht es | |
verstärkt um die Anzahl "echter" Nutzer die auf eine Seite kommen und die | |
in das Profil des Werbetreibenden passen. | |
12 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://edition.cnn.com/2011/TECH/social.media/04/08/ap.boycott/ | |
[2] http://thebiglead.com/index.php/2011/04/07/usa-today-takes-the-plunge-paper… | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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