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# taz.de -- BURGENLAND: Alles dreht sich um Wein
> Das ehemalige Grenzland entlang des Eisernen Vorhangs hat sich zu einer
> Genussregion - nicht nur für Wiener - entwickelt.
Bild: Der Weinskandal 1985, als Winzer dabei ertappt wurden, ihre Weine mittels…
Von den nach Südosten orientierten Schieferterrassen, wo die Reben des
Blaufränkischen schon das Morgenlicht in sich aufsaugen und in der Hitze
der langen Sommertage reifen können, überblickt man das Nordufer des
Neusiedlersees, jener Wasserfläche, die den natürlichen Lebensraum
unzähliger Vögel und das Umfeld für einige der besten Weine Österreichs
bietet.
Der Jungenberg, knappe 223 Meter und damit rund 100 Meter über dem
Wasserspiegel des Sees, ragte einst aus dem Urozean. Der Schiefer- und
Muschelkalkboden ist für den Weinbau besonders gut geeignet. Josef Umathum,
ein mehrfach ausgezeichneter Edelwinzer, hat hier inmitten von Rebstöcken
ein Plätzchen geschaffen, wo man Wein verkosten oder einfach nur sitzen und
die Landschaft auf sich wirken lassen kann.
Um den Wein dreht sich hier fast alles. Der Weinskandal 1985, als Winzer
dabei ertappt wurden, ihre Weine mittels Glykol auf Prädikatsqualität
hochzupanschen, gilt als Stunde null für die neuere Weinbaugeschichte. Hans
Feiler, der schon damals zu den Winzern mit weißer Weste zählte, spricht
lieber von einer "Weinrevolution". Das Burgenland hat sich in den letzten
Jahren zu einer Genussregion entwickelt, die dieses Image erfolgreich
pflegt.
Als Österreich 1995 der EU beitrat, wurde das ehemalige Grenzland entlang
des Eisernen Vorhangs zum Ziel-1-Gebiet. Das bedeutete für ideenreiche und
auch risikobereite Menschen, dass sie ihre Investitionen zu 30 Prozent
gefördert bekamen. Einige Weinbauern des vergessenen Winkels nutzten diese
Gelegenheit, um ihre Kulturen nicht nur zu erweitern, sondern auch zu
verbessern. Das solide Handwerk, das sie von ihren Vätern gelernt hatten,
ergänzten Pioniere wie Josef Umathum, Christian Tschida oder Ernst
Triebaumer mit wissenschaftlichen Erkenntnissen von der Weinakademie oder
Studien in den besten französischen Weinbaugebieten.
Um seine Spitzenweine zu erzielen, schneidet Christian Tschida jeder Traube
mehr als die Hälfte ab, bevor sie sich zur Vollreife entwickelt: "Alle
Kraft geht dann in das, was überbleibt." Der Ertrag ist dann natürlich weit
geringer, doch das wird durch den höheren Preis, den man für solche
Qualitätsweine verlangen kann, mehr als kompensiert. Die Weine gehen in den
Export, aber auch in die besten Restaurants der Region. Über den
Traubenabfall freuen sich die Hühner und Schweine. Josef Umathum, Hans
Feiler und einige andere produzieren biologisch-dynamisch nach den Regeln
des Anthroposophen Rudolf Steiner, dem Begründer der Waldorfschulen.
Längst etabliert als Weinparadies ist Rust. Der See, der die Wärme
speichert und die Sonne auf die Weinstöcke reflektiert, sorgt hier für ein
ganz besonderes Mikroklima, hervorragend für Edelweine. Mit 1.800
Einwohnern ist Rust die kleinste Stadt Österreichs, aber auch eine der
ältesten.
Ihr Stadtrecht haben die Ruster Bürger 1681 mit 60.000 Gulden und 500
Eimern Wein von den Habsburgern erkauft. Auch die Türken, die im 16. und
17. Jahrhundert immer wieder brandschatzend durch die Gegend zogen, wusste
man sich vom Leibe zu halten. Beschützt hat Rust nicht die dicke
Stadtmauer, von der nur noch ein Stück erhalten ist, sondern die
Bauernschläue der Einwohner. Die hätten einen Halbmond auf den Kirchturm
gesetzt, um den osmanischen Reitertrupps zu signalisieren, hier sei schon
ganze Arbeit geleistet worden, erzählt der Winzer Hans Feiler, Schöpfer und
Berater der TV-Serie "Der Winzerkönig". Die Störche, die auf den
Schornsteinen der pittoresken Häuser sitzen und zur Begrüßung mit den
Schnäbeln klappern, sind von japanischen Besuchern schon für künstliche
Staffage gehalten worden.
13 Apr 2011
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Reiseland Österreich
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