# taz.de -- Nato-Konferenz zu Libyen: Allianz ohne Allheilmittel | |
> Die Nato-Außenminister beraten in Berlin über das weitere Vorgehen gegen | |
> Gaddafi. Briten und Franzosen fordern eine härtere Gangart. Deutschland | |
> möchte einen dauerhaften Krieg vermeiden. | |
Bild: Einigkeit unter Ex-Kolonialmächten: Frankreichs Präsident Nicolas Sarko… | |
DOHA/BERLIN dpa/dapd | Einen Tag nach der Libyen-Kontaktgruppe kommen am | |
Donnerstag die Nato-Außenminister in Berlin zusammen, um über das weitere | |
Vorgehen gegen das Regime von Machthaber Muammar al-Gaddafi zu beraten. | |
Angesichts andauernder Kämpfe in Libyen wird innerhalb des | |
Militärbündnisses eine härtere Gangart gegen Gaddafi gefordert. Alle | |
vorhandenen militärischen Mittel müssten zur Verfügung gestellt werden, | |
hieß es am Mittwochabend nach einem Treffen zwischen Frankreichs Präsident | |
Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister David Cameron. | |
Beide Länder seien sich einig, dass der Druck auf das Regime in Tripolis | |
erhöht werden müsse, hieß es aus dem Élyséepalast. Gaddafi führe weiter | |
einen Krieg gegen das eigene Volk. | |
Die US-Regierung warf den Truppen Gaddafis "Gräueltaten" vor. Sie seien für | |
brutale Angriffe auf Zivilisten in der Rebellenhochburg Misurata | |
verantwortlich, sagte Außenministerin Hillary Clinton in Washington. Das | |
Regime versuche, die Stadt auszuhungern. | |
Sowohl Frankreich als auch Großbritannien hatten zuletzt der Nato | |
vorgeworfen, militärisch in Libyen nicht genug zu tun. Sie fordern offen | |
eine Ausweitung der Angriffe. | |
Die Außenminister der 28 Nato-Staaten wollen in Berlin auch über Chancen | |
für eine politische Lösung des Konflikts beraten. Die internationale | |
Libyen-Kontaktgruppe hatte Gaddafi am Mittwoch aufgefordert, mit einem | |
sofortigen Waffenstillstand und seinem Rücktritt den Weg für einen Dialog | |
freizumachen. | |
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte in Katars Hauptstadt Doha, | |
von der Kontaktgruppe gehe eine klare Botschaft an Gaddafi aus: "Das Spiel | |
ist aus. Das gegenwärtige libysche Regime hat keine Zukunft." Er plädierte | |
für einen "politischen Prozess". "Es ist offensichtlich, dass es keine | |
militärische Lösung gibt." | |
Am ersten Treffen der Kontaktgruppe nahmen die Vertreter von mehr als 20 | |
Staaten und internationalen Organisationen teil, darunter auch | |
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. | |
## Westerwelle will an politischer Lösung des Konflikts festhalten | |
Unterdessen wies Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erneut die Kritik | |
zurück, Berlin habe sich durch die Enthaltung vor dem UN-Sicherheitsrat ins | |
Abseits begeben. Deutschland sei "alles, aber nicht international | |
isoliert", so Westerwelle. Trotz der französischen und britischen | |
Forderungen, will er weiter an einer politischen Lösung des Konfliktes | |
festhalten. Zwar verstehe die Bundesregierung diejenigen, die militärisch | |
eingegriffen hätten, sagte Westerwelle am Donnerstag im | |
ARD-"Morgenmagazin". Der Bundesregierung gehe es aber darum, dass aus einem | |
militärischen Einsatz kein dauerhafter Krieg werde, weshalb eine politische | |
Lösung notwendig sei. | |
Eine politische Lösung bedeutet nach den Worten von Westerwelle, dass es | |
einen Waffenstillstand als Voraussetzung dafür geben muss, dass Zivilisten | |
nicht geschädigt oder sogar getötet werden. Entscheidend dabei sei, dass | |
der libysche Machthaber Muammar al Gaddafi auch die Verantwortung dafür | |
trage. Schließlich habe Gaddafi bisher viele Waffenstillstände angekündigt | |
aber nicht befolgt", sagte Westerwelle. | |
Der Außenminister bekräftigte zudem, dass Deutschland sich nicht an dem | |
Militäreinsatz beteiligt werde. Zugleich verteidigte er aber die | |
Bereitschaft der Bundesregierung, Hilfslieferungen durch Bundeswehrsoldaten | |
militärisch zu schützen: "Wenn es darum geht, die Folgen des Krieges für | |
die Menschen zu lindern, werden wir natürlich helfen". Es sei etwas völlig | |
anderes, ob man sich an einem Kriegseinsatz beteilige oder ob man dabei | |
helfe, dass die Folgen eines Kriegseinsatzes für Verwundete gelindert | |
würden. | |
## | |
Die Libyen-Kontaktgruppe sprach sich dafür aus, die Einrichtung eines Fonds | |
zur Unterstützung der Rebellen zu prüfen. Darin könnte Geld aus | |
Öl-Einnahmen aus den Rebellengebieten sowie dem eingefrorenen | |
Milliardenvermögen des Gaddafi-Regimes einfließen. | |
Mahmud Schammam, ein Sprecher des libyschen Übergangsrates, sagte in einem | |
Gespräch am Rande des Treffens: "Mehrere Staaten haben sich bereiterklärt, | |
den Revolutionären Militärhilfe zukommen zu lassen, aber sie sind noch | |
dabei, die rechtliche Seite abzuklären." Für die Aufständischen sei es | |
momentan sehr frustrierend, mit inadäquaten Waffen zu kämpfen, "während | |
Gaddafi immer weiter Waffen und neue Söldner ins Land bringt". | |
Truppen des libyschen Machthabers griffen am Mittwoch erneut Misurata an. | |
Es habe wieder Beschuss und Verletzte gegeben, berichtete ein Einwohner der | |
belagerten Stadt der Nachrichtenagentur dpa am Telefon. Die Aufständischen | |
befürchteten, dass die Regierung eine entscheidende Offensive plane, um die | |
Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen. | |
Die internationalen Truppen zerstörten unterdessen zwölf Panzer in der Nähe | |
des libyschen Ortes Zintan. Außerdem sei südlich von Syrte ein | |
Munitionsbunker zerstört worden, teilte die Nato in Brüssel mit. | |
14 Apr 2011 | |
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