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# taz.de -- Frühjahrstagung des IWF: Zarte linke Blüten
> Mehr Staat, weniger Markt: Direktor und Chefökonom des Internationalen
> Währungsfonds fordern vor der Frühjahrstagung ein Ende des neoklassischen
> "Washington Consensus".
Bild: "Ungleichheit könnte eine der leisen Ursachen der Krise gewesen sein": D…
BERLIN taz | Sie vereinen 40 Prozent der Weltbevölkerung und 45 Prozent des
gegenwärtigen Wachstums auf sich - und sie finden, dass das
Weltfinanzsystem ihnen nicht gerecht wird: die Brics-Staaten, die
aufstrebenden Mächte Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Sie
fordern mehr Mitsprache bei den Reformen und im Internationalen
Währungsfonds (IWF) sowie eine Abkehr vom US-Dollar als Weltleitwährung.
Am Donerstag bekräftigten die Brics-Staaten ihre Position im Vorfeld der
Frühjahrstagung von IWF und Weltbank. Diese findet an diesem Wochenende in
Washington statt. Die Brics-Staaten könnten Erfolg haben - zumindest
teilweise.
Frankreich kommt mit dem Vorsitz der G 20, der wichtigsten Industrie- und
Schwellenländer, eine starke Rolle zu. Und Frankreich kann sich wie
Deutschland vorstellen, den chinesischen Yuan mit in den Korb der
wichtigsten Weltwährungen zu übernehmen, dem neben dem Dollar auch der
Euro, das Pfund und der Yen angehören.
Zudem spekulieren Insider, dass in Washington die informelle Vereinbarung
gekippt werden könnte, nach der der IWF-Direktor immer ein Europäer und der
Weltbankchef immer ein US-Amerikaner ist. Und das könnte schon bald
interessant sein: Seit Monaten rätselt man darüber, ob sich IWF-Chef
Dominique Strauss-Kahn 2012 um die französische Präsidentschaft bewerben
will. Vorerst sorgt der Franzose jedoch noch für Bewegung in der Debatte um
die Neupositionierung des Fonds.
In seiner letzten großen Rede vor der Frühjahrstagung verkündete er das
Ende des neoliberalen "Washington Consensus", also der bisherigen
politischen Grundlage der Maßnahmen, die der Fonds den Regierungen zur
Stabilisierung und Entwicklung empfiehlt oder verordnet.
"Vor der Krise dachten wir zu wissen, wie man Volkswirtschaften führen
muss", so Strauss-Kahn. "Mit drei Mantras": Deregulierung und
Privatisierung führen zu Wohlstand. Sich selbst regulierende Finanzmärkte
sorgen dafür, dass Ressourcen produktiv eingesetzt werden. Und einfache
Regeln für Geld- und Fiskalpolitik garantieren Stabilität. "In der Krise
ist das zusammengefallen."
"Das klingt ein bisschen wie ,Wir haben verstanden'", sagt Peter Wahl von
der Nichtregierungsorganisation Weed. Im Februar hatte die
Evaluierungskommission des IWF dem Fonds Versagen und eine Mitschuld an der
Finanzkrise bescheinigt. Dafür lehnen sich Strauss-Kahn und IWF-Chefökonom
Olivier Blanchard nun weit aus dem Fenster. Sie fordern "ganz neue
Denkansätze".
Die Märkte müssten weniger, die Staaten mehr steuern - national und
multilateral: etwa mit Finanzaktivitätssteuern, der Begrenzung der Macht
systemrelevanter Banken und besserer Regulierung von Hedgefonds. Vor allem
aber müsse man der Kluft zwischen Arm und Reich mehr Aufmerksamkeit
schenken: "Ungleichheit könnte eine der leisen Ursachen der Krise gewesen
sein", so Strauss-Kahn - das war bisher nur von linken Ökonomen zu hören.
Allerdings liegt die Entscheidung über die künftige Linie des IWF nicht
beim geschäftsführenden Direktor, sondern bei den 186 Mitgliedsstaaten. "Im
besten Fall geht die Debatte nun los", sagt IWF-Kritiker Wahl. "Bislang ist
es nur eine zarte Blüte." Eine kleine Duftmarke haben die IWF-Experten aber
schon gesetzt: Sie schlagen Richtlinien für Kapitalkontrollen vor. Damit
sollen Staaten den Geldzufluss aus dem Ausland erstmals begrenzen dürfen -
wenn auch nur unter einer Reihe Bedingungen.
15 Apr 2011
## AUTOREN
Beate Willms
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