# taz.de -- Justiz in Argentinien: Lebenslänglich für Ex-Staatschef | |
> Reynaldo Benito Bignone ist zum zweiten Mal zu einer lebenslänglichen | |
> Haftstrafe verurteilt worden. Auch der frühere Bürgermeister von Escobar | |
> bekam lebenslänglich. | |
Bild: Ein Bild von Miguel Magnarelli, der während der Militärdiktatur in Arge… | |
BUENOS AIRES taz | In Argentinien ist der letzte Juntachef der | |
Militärdiktatur (1976-1983), Reynaldo Benito Bignone, wegen | |
Menschenrechtsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das | |
Bundesgericht in San Martín in der Provinz Buenos Aires sprach den | |
83-jährigen Bignone des mehrfachen Mordes und Mordversuchs schuldig. | |
Neben Bignone wurden drei ehemalige Militärs und Polizeiangehörige, | |
darunter der ehemalige Unterkommissar Luis Abelardo Patti, ebenfalls zu | |
lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Bignone hatte den Chefposten der Junta | |
im Juni 1982 übernommen, nachdem sein Vorgänger Leopoldo Galtieri wegen der | |
Niederlage im Falkland/Malwinen-Krieg gegen Großbritannien zurückgetreten | |
war. 1983 gab er die Macht an den frei gewählte Präsidenten Raúl Alfonsín | |
ab. | |
Für Bignone ist es die zweite Verurteilung zu einer lebenslangen | |
Haftstrafe. Im April 2010 war er vom selben Gericht der mehrfachen Folter, | |
Entführung und Freiheitsberaubung für schuldig befunden worden. Für mehr | |
Aufmerksamkeit sorgt in Argentinien jedoch die Verurteilung von Luis | |
Abelardo Patti. Der frühere Polizeiangehörige der Provinz Buenos Aires | |
wurde wegen zweifachen Mordes und mehrfacher Entführung und Folter zu | |
lebenslanger Haft verurteilt. | |
Das Urteil gegen den 58-jährigen Patti ist eine Folge der Wiederaufnahme | |
der Prozesse nach der Annullierung der Amnestiegesetze durch den Kongress | |
im Jahr 2003 und der Bestätigung durch den Obersten Gerichtshof im Juni | |
2005. Der Prozess gegen Patti ist ein prominentes Beispiel für die | |
juristische Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen während der Diktatur | |
nicht nur gegen die verantwortlichen Militärs, sondern auch der aktive | |
Mitwirkung anderer Organe. | |
Mit 16 Jahren hatte er seine Polizeilaufbahn begonnen, die er auch nach dem | |
Ende der Diktatur fortsetzen konnte. Während der Diktatur sammelte er | |
Informationen über Regimegegner, die in den meisten Fällen zu deren | |
Verhaftungen führten. Pattis Karriere ist durchzogen von Disziplinar- und | |
Ermittlungsverfahren gegen ihn, die aber keine gravierenden Konsequenzen | |
nach sich zogen. | |
1993 verließ er die Polizei und stieg in die Politik ein. 1995 wurde er mit | |
über 70 Prozent der Wählerstimmen zum Bürgermeister der 200.000 Einwohner | |
zählenden Stadt Escobar in der Provinz Buenos Aires gewählt und hatte das | |
Amt vier Jahre inne. 1999 stand er kurz davor als Kandidat für die | |
Peronistische Partei bei der Gouverneurswahl in der Provinz Buenos Aires | |
anzutreten, wurde aber dann doch nicht ins Rennen geschickt. 2005 wurde er | |
als Abgeordneter in den Kongress gewählt. Sein Mandat konnte er jedoch | |
nicht antreten, da das Parlament ihm wegen "fehlender moralischer | |
Tauglichkeit" den Sitz im Abgeordnetenhaus verweigerte. | |
Es begann ein juristisches Tauziehen bei dem der Oberste Gerichtshof Pattis | |
Anspruch auf das Mandat im April 2008 zunächst bestätigte. Nur wenige Tage | |
später beantragte ein Bundesrichter die Aufhebung seiner Immunität als | |
Abgeordneter und statt im Kongress saß er kurz darauf im | |
Untersuchungsgefängnis. Jetzt muss er seine lebenslange Haftstrafe in einem | |
normalen Gefängnis absitzen. | |
15 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Falklandinseln | |
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