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# taz.de -- Einladung an Italiens Justizminister: Mit dem Falschen über Mafia …
> Berlusconis Minister Alfano als Diskutant zum Thema organisiertes
> Verbrechen? An der Berliner Humboldt-Uni erregte das Protest. Alfano
> blieb weg, und der Unipräsident wurde ausfällig.
Bild: Sollte sich lieber an seine eigene Nase fassen. Das war jedenfalls die Me…
So hatte sich Martin Heger seine Veranstaltung wohl nicht vorgestellt. Der
Professor für Strafrecht an der Humboldt-Universität wollte allem Anschein
nach bloß einen "interessanten Gesprächspartner" ins Haus holen, als er das
Angebot der Italienischen Botschaft annahm, den Justizminister Italiens,
Angelino Alfano, am Donnerstag über das Thema "Der Kampf gegen das
organisierte transnationale Verbrechen und den Terrorismus. Eine
italienische Perspektive" sprechen zu lassen.
Es wäre für Alfano sehr ungemütlich geworden. Im Hörsaal erwarteten ihn
fast ausschließlich italienische Studenten und Bürger, die sich zum
Protestieren eingefunden hatten. Alfano habe nicht die "moralische
Autorität", über die Mafia zu sprechen, sagte ein Sprecher aus dem Publikum
vor Beginn der Veranstaltung. Andere hielten Transparente hoch mit
Aufschriften wie "Achtung Mafioso".
Alfano, Forza Italia-Mann der ersten Stunde, hat sich bisher vor allem
dadurch hervorgetan, dass er für Berlusconi immer dann neue Gesetze
entwarf, wenn sein Regierungschef damit der drohenden Strafverfolgung
entgehen konnte. Das "Lodo Alfano" etwa sollte Immunität für die vier
höchsten Staatsämter garantieren, und am Mittwoch erst wurde im
italienischen Parlament ein Gesetz zur Verkürzung der Verjährungsfristen
verabschiedet, das Berlusconi einige Prozesse erspart. Es gibt zudem Fotos
von Alfano, die ihn zeigen, wie er auf Hochzeiten Mafia-Bosse herzlich
begrüßt.
Berlusconi, der es nach eigenen Worten als seine Mission betrachtet,
Italien von den Richtern zu "befreien", bedankte sich für die
Gefälligkeiten Alfanos jüngst mit der Ankündigung, er wünsche sich den
Minister als neuen Vorsitzenden seiner Partei Volk der Freiheit (PDL), was
er kurz darauf aber wieder dementierte.
"Sie hätten so viele Leute einladen können. Warum Alfano?", wollte eine
fassungslose Italienerin wissen. Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der
Universität, bat die kritischen Anwesenden derweil, den erwarteten Gast
zumindest anzuhören, man sei schließlich ein Ort der kritischen
Auseinandersetzungen.
Das sah Alfano dann wohl anders. Er ließ über die Botschaft mitteilen, er
stecke in einem "wichtigen Telefonat" und müsse anschließend zu einem
anderen Termin. Olbertz wendete den Rückzieher des Ministers spontan gegen
das Publikum und machte ihm dreist den Vorwurf, verhindert zu haben, dass
das Gespräch stattfinde.
Zur Diskussion kam es gleichwohl, wenn auch nur mit dem Juristen Heger. Der
unglückliche Professor, der sich schon im Vorfeld des Vortrags über das
rege Interesse an seinem Gast verwundert gezeigt hatte, versuchte sich in
blumigen Rechtfertigungen, Alfano sei schließlich demokratisch gewählter
Repräsentant einer ebenso gewählten Regierung. Man habe einen "Austausch
auf der Ebene der Rechtspolitik" im Sinn gehabt, und überhaupt hätten auch
schon andere Minister vor Alfano auf Einladung der Juristischen Fakultät an
der Universität gesprochen.
Den Einwand, die Universität verhelfe dem Berlusconi-treuen und allem
Anschein nach keinesfalls Mafia-fernen Minister zu einer Inszenierung, die
ein völlig falsches Bild liefere, wollte Heger nicht gelten lassen.
Womöglich sah er das Problem auch einfach nicht. Ein älterer Zuhörer aus
dem Publikum merkte an, dass diese Veranstaltung doch unübersehbar ein
"Geschmäckle" habe. "Ich bin mir nicht sicher, dass Sie das Geschmäckle in
dieser langen Diskussion verstanden haben", so die Einschätzung des
Redners.
Ob aus Unwissen oder Mangel an politischer Sensibilität: Heger hat sich mit
seinem hilflosen Agieren blamiert, Olbertz hingegen hat durch seine
überhebliche Haltung gegenüber den Kritikern der Veranstaltung dem Ansehen
der Humboldt-Universität geschadet.
15 Apr 2011
## AUTOREN
T. C. Boehme
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