# taz.de -- Steuergeld für Volkskirchen: Gottes Milliarden vom Staat | |
> Die evangelische und die katholische Glaubensgemeinschaft erhalten Jahr | |
> für Jahr Geld vom Staat. Grundlage ist eine Regelung, die das Heilige | |
> Römische Reich erlassen hat. | |
Bild: So manche Kirche wäre ohne Staatshilfe nicht renoviert worden. | |
BERLIN taz | Es war eine Fleißarbeit - aber nach einer Woche Recherche im | |
Archiv der Staatsbibliothek von Berlin waren die Zahlen zusammen: Die | |
Humanistische Union, die sich selbst eine Bürgerrechtsorganisation nennt | |
und seit 1961 für eine klare Trennung von Staat und Kirche eintritt, hat | |
errechnet, wie viel Geld der Staat seit 1949 an die beiden großen | |
Volkskirchen als sogenannte Staatsleistungen überwiesen hat. Sie kommt auf | |
eine Summe von rund 14 Milliarden Euro. | |
Den Berechnungen zufolge erhielten die Evangelische Kirche in Deutschland | |
(EKD) und die katholische Kirche allein im vergangenen Jahr zusammen etwa | |
460 Millionen Euro als Staatsleistungen von fast allen deutschen | |
Bundesländern. Die Kirchenbaulasten der Länder sind darin noch nicht | |
enthalten. | |
Die Staatsleistungen an die Kirche sind besonders umstritten, da sie im | |
Wesentlichen auf zwei schon lange zurückliegenden Phänomen beruhen: Zum | |
einen werden sie als Entschädigung gezahlt, nachdem die deutschen Länder im | |
Jahr 1803 beim Reichsdeputationshauptschluss im Zuge der Säkularisation | |
Kirchengüter erhielten. Zum anderen verpflichteten sich die deutschen | |
Fürsten im Laufe des 19. Jahrhunderts immer wieder, die Geistlichen ihres | |
Territoriums zu alimentieren - und das bis in die Kaiserzeit hinein. | |
Als nach der Revolution von 1918/19 das Bündnis zwischen Krone und Altar | |
zerbrach und die Kirchen nun selbst für ihr Aufkommen sorgen sollten, | |
erhielten sie zum Ausgleich die Staatsleistungen - allerdings mit der | |
Vorgabe, dass dies nur vorübergehend und diese Regelung bald zu beenden | |
sei. An eine Neuregelung machte sich aber weder die Politik der Weimarer | |
Republik noch der Führer in der NS-Zeit noch die Bundesrepublik oder die | |
DDR. Vielmehr wurde ins Grundgesetz bloß der entsprechende Passus der | |
Weimarer Verfassung übernommen. | |
Die Humanistische Union nennt deshalb die weitere Zahlung der | |
Staatsleistungen verfassungswidrig - und legte am Montag in Berlin einen | |
Gesetzesentwurf vor, der die Grundsätze für ein Ende der Staatsleistungen | |
festschreiben würde. Juristisch sei nur über eine Normenkontrollklage beim | |
Bundesverfassungsgericht etwas zu erreichen. Dafür aber habe sich bisher | |
keine Partei bereit gefunden, während Individualklagen nicht möglich seien, | |
hieß es. | |
Der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz wollte das Anliegen der | |
Humanistischen Union am Montag nicht kommentieren. Der EKD-Ratsvorsitzende, | |
Präses Nikolaus Schneider, hatte schon Ende vergangenen Jahres gesagt: | |
"Wenn der Staat das ablösen will, dann können wir darüber reden." Dazu sei | |
man bereit - "allerdings zu fairen Bedingungen". | |
18 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Philipp Gessler | |
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Kommentar Steuergelder für Volkskirchen: Dieses Geld stinkt | |
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endlich auch zu tun. |