# taz.de -- Widerstand in Ottensen: Zweite Flora für Altona | |
> Anwohner und Aktivisten wollen in Ottensen ein autonomes Zentrum | |
> schaffen, um sich gegen die Gentrifizierung zu wehren. Eine Besetzung sei | |
> denkbar. | |
Bild: Leerstand als Projektionsfläche: Hier könnte ein autonomes Stadtteilkul… | |
HAMBURG taz | Bis spätestens zum 1. Mai soll in Altona ein neues autonomes | |
Stadtteilzentrum entstehen. Eine entsprechende Ankündigung prangte gestern | |
an einem leer stehenden Gebäude in der Bahrenfelder Straße. Die | |
AnwohnerInnen wollten nicht mehr tatenlos zusehen, "wie die Gegend allein | |
nach ökonomischen Interessen umgestaltet wird", heißt es dazu in einer | |
Erklärung auf der Webseite Indymedia.org. | |
Die AutorInnen beziehen das Vorhaben zum einen auf die in jüngster Zeit | |
gescheiterten Versuche, selbst verwaltete Stadtteilzentren zu schaffen: Das | |
vorübergehende Künstlerhaus Frappant am Altonaer Bahnhof ist bereits | |
abgerissen und wird durch eine Ikea-Filiale ersetzt. Die ehemalige | |
Seefahrtsschule an der Elbchaussee ist an Investoren verkauft worden. | |
Außerdem endete vor drei Wochen das Vorkaufsrecht der Stadt für die Rote | |
Flora, die jetzt ebenfalls verkauft werden könnte - allerdings unter | |
strengen Auflagen. | |
Das autonome Zentrum sei als ein Akt der Solidarität mit der Roten Flora | |
gedacht, sagt ein Stadtteil-Aktivist. Mit den Neubauten allenthalben, mit | |
Ikea, mit den Plänen für eine "Neue Mitte" auf dem heutigen Bahnhofsgelände | |
drohe Altona in Turbo-Geschwindigkeit gentrifiziert zu werden. "Wir | |
brauchen einen Kontrapunkt dazu", findet der Aktivist. | |
Tatsächlich ist der Wandel in Altona unübersehbar: Die alten Treffs wie das | |
Café Insbeth verschwinden, die Behelfsbauten mit den günstigen Ladenlokalen | |
und die billigen Wohnungen ebenfalls. Wer zuziehen will, muss ein gutes | |
Einkommen vorweisen. Die Mittelschichts-Feinschmecker-Kultur schwappt im | |
Vorgriff auf Ikea von Ottensen nach Altona-Altstadt. | |
"Man kann sich nirgendwo austauschen, ohne 3,50 Euro für einen Kaffee zu | |
bezahlen", kritisiert der Aktivist. Stadtteilzentren wie die Motte oder die | |
W 3 böten keine Lösung. Sie seien stark institutionalisiert, arbeiteten mit | |
der Stadt zusammen und seien nicht Teil der Recht-auf-Stadt-Bewegung. | |
Das neue Zentrum hingegen solle nach dem Modell des Centro Sociale im | |
Karoviertel funktionieren: selbstverwaltet, "in einem Akt der | |
Selbstaneignung" von den AnwohnerInnen getragen und ausgefüllt. Auch die | |
ehemalige Victoria-Kaserne, in die die KünstlerInnen aus dem Frappant | |
umzogen, komme nicht infrage. Sie sei zu abgelegen und im übrigen ein | |
künstlerischer, kein offener Ort. | |
Wie, wo und in welcher Form das autonome Stadtteilzentrum eröffnet werden | |
soll, bleibt offen, um das Überraschungsmoment zu wahren. "Eine Besetzung | |
kann man sich durchaus vorstellen", sagt der Aktivist. Zum avisierten | |
Termin, am 1. Mai, wird es ohnehin reichlich Bewegung geben in Altona: Die | |
Euromayday-Parade gegen Armut und Ausgrenzung soll gegen 17 Uhr vor der | |
Ikea-Baustelle enden, eine "revolutionäre 1. Mai-Demo" startet um 18 Uhr am | |
Altonaer Bahnhof. | |
Bereits am 30. April ist ab 15 Uhr eine Demo für die Rote Flora auf dem | |
Schulterblatt angesetzt. Für den Abend hat die Rote Flora zum | |
antikapitalistischen Tanz in den Mai eingeladen. Tagsüber werden viele in | |
Bremen gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestieren. | |
18 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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