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# taz.de -- Kommentar Tempelhofer Feld: Ein feiger Kompromiss
> Wer über Tempelhof spaziert, ist mitten in der Stadt und doch auf dem
> Land. Der unentschiedene Nachnutzungsplan will allen gerecht werden und
> macht damit gerade diese Weite kaputt.
Bild: Gefällt vielen so wie es ist: Das Tempelhofer Feld.
Der Masterplan für Tempelhof, den der Senat allen Ernstes als
"herausragend, intensiv und polarisierend" beschreibt, besitzt vor allem
eine hervorstechende Eigenschaft: Er ist ein Kompromiss, dem Feigheit und
Unentschiedenheit aus jeder Zeile strahlen. Der Entwurf nimmt fast alle
Ideen der an Verrücktheiten nicht armen Nachnutzungsdebatte auf, er bietet
irgendwie jedem etwas, und er verliert genau deshalb das große Ganze aus
dem Auge.
Was soll es auf dem weiten Feld nicht alles geben: einen Boulevard, denn
damit kennt sich Berlin aus. Einen Teich, denn Wasser ist immer wichtig.
Nachbarschaftsgärten, etwas Multikulti muss sein. Sportplätze, denn der
benachbarte Verein hat gemeckert. Einen Felsen, auf dem die BerlinerInnen
herumkraxeln können - im Gedenken an die Universalgelehrten Humboldt, die
oben, warum auch immer, als Denkmal verewigt sind. Wenn der Berliner
Schaustellerverband eine Dauerkirmes forderte, würde sich wohl auch noch
ein Plätzchen finden.
Die Idee eines Kompromisses jedoch widerspricht dieser Fläche, die vor
allem Kompromisslosigkeit in sich trägt. Das Ergreifende an dem Wiesenmeer
ist seine Weite. Wer über Tempelhof spaziert, ist mitten in der Stadt und
doch auf dem Land, der Blick schweift kilometerweit, am Horizont stehen
dann ein paar Häuser wie Spielzeug. Dieses Erlebnis mit Erdhügeln, Deichen,
Grenzen - oder, um es mit dem Senat zu sagen: kleinmaßstäblichen Nutzungen
- zu beschneiden, ist keine Weiterentwicklung, sondern ein Rückschritt.
Nun ist stures Beharren auf dem Status quo auch keine Lösung, und Teile des
Senatskonzepts sind gelungen, etwa die Ovale im Gelände, die die Form des
Flughafengebäudes aufnehmen. Aber selten war die Floskel "Weniger ist mehr"
angebrachter als beim Park Tempelhof.
19 Apr 2011
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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