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# taz.de -- Volleyball-Bundesliga: Nur noch Nuancen
> Wahrscheinlich wird Friedrichshafen wieder Meister. So knapp wie diesmal
> war es indes lange nicht mehr und doch liegt der SCC Berlin in der
> Finalserie mit 0:2 zurück
Bild: Vereint geblockt und doch verloren: Spieler des SCC Berlin.
An sich ist Stelian Moculescu, der Meistertrainer vom VfB Friedrichshafen,
über jeden Zweifel erhaben. Seine Autorität wird in der
Volleyball-Bundesliga in etwa so wenig in Frage gestellt wie die des
Papstes bei den Katholiken. Deshalb konnte Mark Lebedew, Trainer des SCC
Berlin, diesen ungeheuerlichen Satz - "Das hat Moculescu von mir gelernt" -
nur eine Sekunde unkommentiert im Raum stehen lassen, dann erklärte er:
"Das war ein Witz." Und er bat inständig: "Schreiben Sie das bitte dazu!"
Die Volleyball-Bundesliga ist nicht aus ihren Fugen geraten. Nach dem 3:2
(25:22, 25:17, 23:25, 18: 25, 9:15) von Friedrichshafen in Berlin liegt das
Team von Moculescu in der Finalserie mit 2:0 vorn und kann am Samstag zu
Hause die siebte Meisterschaft in Folge feiern.
Aber anders als in den vergangenen Jahren musste sich Friedrichshafen in
dieser Saison nicht nur beim hochklassigen Spiel am Mittwoch mit
ernsthafter Gegenwehr auseinandersetzen. Das Pokalfinale verlor man gegen
Unterhaching und in der Hauptrunde lag man nur aufgrund des besseren
Satzverhältnisses vor Haching und Berlin.
So nah ist dem Lehrmeister Moculescu die Konkurrenz noch nie auf den Pelz
gerückt. Wohl auch deshalb sah sich Lebedew bemüßigt, seinen Witz als Witz
kenntlich zu machen.
## Wechsel der Stammformation
Anlass seines Scherzes war der Verlauf der Partie. Der Favorit vom Bodensee
hatte die ersten beiden Sätze nach Rückständen in den entscheidenden Phasen
zu seinen Gunsten gedreht. So wechselte Lebedew Ende des zweiten Satzes bis
auf einen Spieler seine komplette Stammformation aus.
Zum einen, wie er erklärte, um diese zur Besinnung kommen zu lassen, zum
anderen, um durch die neuen Gesichter den Rhythmus des Gegners zu
zerstören. Moculescu tat Ende des vierten Satzes genau das Gleiche. Nachdem
die Berliner den dritten und vierten Satz gewonnen hatten, zeigte die
Methode erneut Wirkung. Dieses Mal profitierten die Gäste.
Alle Spielresümees rankten sich hernach um den kleinen feinen Unterschied.
"Die sind 2,04 Meter groß, wir 2,03 Meter", sagte Lebedew. Und wenig später
verfeinerte er noch die Maßeinheiten seiner Analyse: "Die waren 0,1 Prozent
frischer." Es ginge nur um zwei, drei Bälle. Der SCC-Manager Kaweh
Niroomand klagte, dass wie schon bei der 1:3 Niederlage im ersten
Finalspiel lediglich anderthalb Minuten entscheidend gewesen seien.
Spielerisch sei man mit dem Gegner auf Augenhöhe gewesen.
## Die Psyche wird zum entscheidenden Faktor
Bei der Ursachenforschung für den kleinen feinen Unterschied führten die
Berliner gar nicht die üblichen Argumente - den größeren Etat von
Friedrichshafen, den in der Breite stärker aufgestellten Kader - an.
Lebedew sagte, es gehe nur darum, ein klein wenig länger auf dem hohen
Niveau zu spielen.
Für Niroomand war indes die Psyche der entscheidende Faktor. "Von unserer
Leichtigkeit im Halbfinale gegen Haching war in den ersten beiden Sätzen
leider nichts zu sehen. Verkrampft kann man gegen Friedrichshafen nicht
gewinnen." Nachdem man dann mit Hilfe des lautstarken Publikums wieder ins
Spiel gekommen sei, analysierte Niroomand, hätte am Ende doch die Routine
von Friedrichshafen den Ausschlag gegeben.
Wie stets in der Vergangenheit spendete Siegertrainer Moculescu reichlich
Lob für die "tolle Atmosphäre" in der Schmelinghalle. Mit 7.111 Besuchern
konnte der SCC Berlin wieder einen neuen Zuschauerrekord in der
Playoff-Geschichte vermelden. Mit viel Brimborium brezelt der Verein seit
geraumer Zeit seine Spiele zu Events auf. Der SCC ist derzeit das stärkste
Zugpferd des deutschen Volleyballs. Aber ein Zuckerl in Form eines Titels
könnte der SCC Berlinalsbald schon brauchen, damit ihm die Kräfte nicht
ausgehen.
5 May 2011
## AUTOREN
Johannes Kopp
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