| # taz.de -- Kolumne Ökosex: Organischer Weinzwang | |
| > Im Elsass lässt sich herrlich urlauben. Und darüber sinnieren, weshalb | |
| > das Bessere nicht wirklich der Feind des Guten ist. | |
| Von Maastricht aus gesehen, liegt das Elsass irgendwo rechts unten auf der | |
| Karte gleich hinter Saarbrücken. Das Elsass ist dieses Jahr megaangesagt, | |
| also bei uns jedenfalls. Besonders angesagt sind Ferien im Elsass beim | |
| Ökowinzer, also eine gewissenhafte Studienreise in Sachen ökologischer | |
| Weinbau, bei der nebenbei kräftig degustiert wird. Weinzwang eben. | |
| Wir zuckelten also durch Belgien, das Saarland und Lothringen und schon | |
| sahen wir ein Meer von elsässischen Weinbergen. Natürlich das meiste | |
| konventionell angebauter Riesling und Edelzwicker, aber darunter auch ein | |
| paar Biowinzer. Es sind etwa 100, wie ich gelesen habe, auf nicht mal 10 | |
| Prozent der Anbaufläche. | |
| Ich wollte mehr wissen, weil mir nämlich der Opa meines Patenkindes kurz | |
| zuvor erklärt hatte, dass Ökowein der größte Betrug "überhaupt" sei. Diese | |
| Biowinzer würden doch tatsächlich giftiges Kupfer spritzen. Das sei ja wohl | |
| eine Sauerei und die Leute würden reingelegt. Ist der Bioweinbau also das | |
| RWE unter den Weinen? Das Vattenfall der Landwirtschaft? Aber nein, liebe | |
| LeserInnen, so ist es natürlich nicht. Kupfer ist neben Schwefel das | |
| einzige Mittel, das Ökowinzer gegen Pilzerkrankungen wie Mehltau einsetzen | |
| dürfen. | |
| Das Leben ist wie immer widersprüchlich, aber das Bessere nicht wirklich | |
| der Feind des Guten. Konventionelle Winzer greifen nämlich zu synthetischen | |
| Fungiziden und obendrauf gelegentlich ebenfalls noch zu Kupfer. Also kein | |
| spezielles Problem der Ökos. Leider gibt es wohl bei den Biowinzern noch | |
| keine richtige Alternative dazu. Mit pilzresistenteren Traubensorten wird | |
| experimentiert und der Kupfereinsatz minimiert. | |
| Jetzt aber zum Wesentlichen: Der Biowein schmeckt klasse, ganz besonders | |
| der Voyou de Katz. Und Ferien beim Biowinzer sind dufte. Bei Clement Klur | |
| war das wirklich eine erstaunliche Mischung für Freunde des Ökosex: | |
| Solaranlagen, gesunde Kopfkissen, Kräutergarten und das Beste: Da standen | |
| Räder rum, mit denen ich durch die Weinberge düsen konnte. Im Weinberg | |
| brannte die Mai-Sonne unbarmherzig ökologisch. Die Vogesen-Gipfel | |
| leuchteten. Und in der Ferne konnte ich den Rhein und das AKW Fessenheim | |
| erahnen. | |
| Das war gut, denn natürlich dürfen wir auch im Paradies die Realitäten | |
| nicht aus den Augen verlieren. Der Riesling im Keller schmeckte dennoch | |
| grandios, der hauseigene Biosekt unbeschreiblich. Das Handelsblatt hat | |
| keine Ahnung. Das schrieb, "Biowein" klinge noch immer nach Anstrengung | |
| statt Entspannung, Gutmenschentum statt Gutgehenlassen. Völliger Quatsch! | |
| Wussten Sie übrigens, dass sich das Ökolabel nur auf den Anbau der Trauben | |
| und nicht auf die Herstellung des Weines bezieht? | |
| Da gibt es nämlich einen Nord-Süd-Konflikt, ob man Schwefel reinschüttet | |
| oder nicht. Die Deutschen wollen wohl nicht davon lassen, meinte Clement | |
| Klur und schenkte nochmals ein. Hat was mit Sonnenstunden zu tun. Die gab | |
| es im Elsass letzte Woche satt. | |
| Ich könnte jetzt, wegen Geheimtipp und so, nicht sagen, wo sein Weingut | |
| liegt. Mais, non! Ich möchte ja, dass viele den Voyou de Katz genießen. | |
| Also: Das Erste ist ein Haustier und das Zweite ist kein Berg. | |
| 9 May 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Unfried | |
| ## TAGS | |
| Lebensmittelwirtschaft | |
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