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# taz.de -- Tischtennisspieler Timo Boll: "In der Chinesen-Klasse"
> Ausnahmespieler Timo Boll möchte bei der Tischtennis-WM endlich eine
> Einzelmedaille gewinnen. Dafür verzichtet er sogar auf einen Start im
> Doppel.
Bild: Lauert: Timo Boll.
ROTTERDAM taz | 13-facher Europameister, zweimaliger World-Cup-Sieger,
mehrfacher Weltranglistenerster – nur eine Einzel-Plakette bei einer
Weltmeisterschaft oder Olympia fehlt Timo Boll in der Sammlung. Diesen
Makel will der Hesse ab heute bei den Welttitelkämpfen im holländischen
Rotterdam tilgen. "Mein Ziel ist eine Medaille", unterstreicht der
30-Jährige. Diesem Ziel ordnet er alles unter.
Sogar aufs Doppel mit Christian Süß verzichtet Boll, obwohl es ihm für
seinen Stammpartner "leidtut. Mit Sicherheit hätte eine Medaillenchance
bestanden", räumt Boll mit Rückblick auf WM-Silber in Schanghai 2005 ein.
Das war das letzte WM-Endspiel, bei der die Chinesen nicht unter sich
geblieben waren. Bei den letzten drei Weltmeisterschaften gingen jeweils
alle fünf Titel in den Individualdisziplinen an China.
Damit die Serie der Chinesen bricht, zeigt sich der Weltranglistenzweite
Boll entschlossen, "die paar Körner, die ich im Doppel liegen lasse", zu
sparen. "Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen", betont Boll. Nun sollen
die entscheidenden "ein bis zwei Prozent" den Soloauftritt in der
Ahoy-Arena krönen.
Bundestrainer Jörg Roßkopf hat von den sieben chinesischen Startern vor
allem den Führenden in der Weltrangliste, Titelverteidiger Wang Hao, und Xu
Xin auf der Rechnung. Der von Boll noch nie besiegte Xu Xin hat sich zum
Angstgegner für die deutsche Nummer eins entwickelt. "Xu Xin hat den
größten Sprung gemacht, er spielt unglaublich dynamisch", sagte Roßkopf dem
Fachmagazin tischtennis und fügte an: "Bei einer WM kommt's aber auf die
Routine an. Darum glaube ich, Weltmeister wird Wang Hao - oder Timo. Er ist
cool genug für den Titel."
## Jörg Roßkopf: "Weltmeister wird Wang Hao - oder Timo"
Die Aussage stammt noch von vor der Auslosung. Die nährt zusätzlich die
Hoffnungen, dass Boll zumindest das Halbfinale erreicht und Bronze holt.
Günstiger hätte die Auslosung für ihn kaum ausfallen können. Sollte der an
Position acht gesetzte Wladimir Samsonow den nominell schwächsten Chinesen,
Chen Qi (Nummer zwölf der Weltrangliste), im Achtelfinale eliminieren,
hätte der Europameister lediglich zwei der gefürchteten Chinesen für Gold
zu schlagen.
In der Runde der letzten 16 könnte für Roßkopf dagegen ein Cappuccino-Spiel
anstehen, sprich: Der Bundestrainer kann gemütlich einen Kaffee schlürfen
und muss nicht coachen, weil mit Dimitrij Ovtcharov ein weiterer Schützling
von ihm mit Boll an die Platte geht. Das drohende direkte Duell mit seinem
Freund sieht Ovtcharov, als Nummer 15 der Weltrangliste zweitbester
Deutscher, mit gewisser Gelassenheit: "Immerhin habe ich gegen Timo schon
einmal gewonnen, gegen Wang Hao noch nie", verkündete der 22-Jährige.
## Echte Klippen erst im Halbfinale
Boll interessierte sich nicht für die Auslosung und gab auch keinen
Kommentar dazu ab, dass Geheimfavorit Xu Xin oder der Weltranglistendritte
Zhang Jike erst im Halbfinale lauern. Gegen Letzteren hat der Düsseldorfer
wenigstens schon gewonnen. In der oberen Hälfte des 128-köpfigen Tableaus
eliminieren sich derweil Wang Hao, Olympiasieger Ma Lin und der 22-jährige
Ma Long, der 2010 durchgehend die Weltrangliste angeführt hatte,
gegenseitig.
Ihnen dürften auch Vizeeuropameister Patrick Baum, Christian Süß (beide
Düsseldorf) und Bastian Steger (Saarbrücken) zum Opfer fallen, obwohl alle
mittlerweile in den Top 25 der Weltrangliste stehen. Gleiches gilt für die
fünf deutschen Damen, bei denen die Weltranglisten-16. Wu Jiaduo (Kroppach)
wohl spätestens am Donnerstagmittag als Letzte ausscheidet. Wie 2007 wird
die damalige Weltmeisterin Gue Yue Endstation im Achtelfinale sein.
Als Einziger kann Boll das neuerliche chinesische Tischtennis-Feuerwerk
verhindern. "Relaxt" nimmt er sich den Druck und deklariert die Rekord-WM
mit 711 Teilnehmern aus 117 Nationen zur besseren Pro-Tour-Veranstaltung -
bei der Turnierserie gewann Boll schließlich schon 19 Turniere. Der Mann,
der die Chinesen zum letzten Mal bei einer Weltmeisterschaft besiegte,
traut Boll in Rotterdam übrigens den ganz großen Wurf zu. Der diesmal
verletzte Österreicher Werner Schlager, der 2003 in Paris Weltmeister
wurde, verkündet: "Timo spielt als Einziger in der Chinesen-Klasse. Er hat
alles, was er zum WM-Titel braucht."
10 May 2011
## AUTOREN
Hartmut Metz
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