| # taz.de -- Wohnungsnot befürchtet: Schaffen, schaffen, Wohnungen bauen | |
| > Laut Senat steigt die Zahl der Haushalte bis 2020 um 130.000. Der | |
| > Wohnungsverband BBU schlägt deshalb Alarm. Der Leerstand sinkt indes | |
| > weiter. | |
| Bild: Eng wird es in Berlin für Wohnungssuchende. Für solche, die günstig wo… | |
| "Ohne Neubau ist Berlin auf dem Weg in ein Angebotsproblem." Das sagt, im | |
| verbandsüblichen Immobiliensprech, Maren Kern, Vorstandsmitglied beim | |
| Dachverband Berlin-Brandenburgische Wohnungsunternehmen BBU. Man kann es | |
| auch drastischer formulieren: Berlin droht bald eine neue Wohnungsnot. | |
| Die Zahlen sprechen für sich. "Bis 2020 rechnet der Senat mit einer Zunahme | |
| der Haushalte um 130.000", so Kern. Der Abbau des Leerstands kann die | |
| Nachfrage also nicht auffangen. Nach verschiedenen Schätzungen stehen | |
| derzeit in Berlin zwischen 50.000 und 90.000 Wohnungen leer. Noch vor zehn | |
| Jahren waren es 150.000 leere Wohnungen gewesen. | |
| Dass Berlin Neubau braucht, steht für den BBU fest. 60.000 neue Wohnungen | |
| bis 2020 seien das Minimum, forderte Kern auf der Jahrespressekonferenz | |
| ihres Verbandes am Dienstag. Doch für das ambitionierte Ziel müssten erst | |
| einmal die Rahmenbedingungen stimmen. "Der Bedarf steigt, die Investitionen | |
| im Neubau dagegen stagnieren auf niedrigem Niveau", beklagte Kern. Ihre | |
| These: Der normale Berliner könne sich Neubaumieten von neun oder zehn Euro | |
| pro Quadratmeter kalt nicht leisten. Mit einem Fünfpunkteplan will der BBU | |
| das nun ändern. | |
| Wichtigste Forderungen dabei sind eine andere Liegenschaftspolitik sowie | |
| neue Förderinstrumente. Bei der Grundstücksvergabe soll es statt des | |
| üblichen Bieterverfahrens des Liegenschaftsfonds Wettbewerbe geben. Das | |
| Grundstück, so Kern, ginge dann an denjenigen Bauherrn, dessen Konzept am | |
| ehesten soziale, quartiersspezifische und umweltpolitische Aspekte | |
| berücksichtige. Damit sollen auch kleinere Bauherren wie Genossenschaften | |
| zum Zug kommen. Die landeseigenen Grundstücke sollen nicht an den | |
| Höchstbietenden vergeben werden, sondern zu "deutlich vergünstigten | |
| Festpreis-Konditionen". | |
| Damit die sozialen Bauherren auch günstig bauen können, müsse das Land | |
| Berlin zudem über neue Förderinstrumente nachdenken. Das können laut BBU | |
| zinsverbilligte Kredite sein oder Baukostenzuschüsse. Kern betonte, dass es | |
| dabei nicht um eine Neuauflage des alten sozialen Wohnungsbaus gehe. Der | |
| hatte vor allem Investoren subventioniert und die Baupreise nach oben | |
| getrieben, anstatt sie zu senken. | |
| Weitere Forderungen des BBU seien ein Stadtentwicklungsplan Wohnen, eine | |
| Neuordnung der Belegungsbindung sowie die Schaffung einer sogenannten | |
| Wohnungsbauleitstelle. Mit ihrer Neubauoffensive erhofft sich Kern Mieten | |
| zwischen 6 Euro und 6,50 Euro pro Quadratmeter kalt. "Wir wollen die breite | |
| Mehrheit der Bevölkerung erreichen." | |
| Ob und wie schnell solche Maßnahmen greifen würden, ist indes offen. Zwar | |
| hat auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am | |
| vergangenen Mittwoch im Bauausschuss betont, dass sie offen sei für eine | |
| Grundstücksvergabe an landeseigene Wohnungsunternehmen für den | |
| Wohnungsneubau. Konkrete Vorhaben aber gibt es noch nicht, bekräftigte etwa | |
| Degewo-Sprecher Lutz Ackermann der taz. Und auch BBU-Vorstand Kern betonte, | |
| man sei da erst am Anfang der Überlegungen. So gebe es bislang nicht einmal | |
| Untersuchungen, in welchen Beständen Verdichtung durch Neubau stattfinden | |
| könne. | |
| Doch die Zeit drängt. Laut BBU ist die Leerstandsquote in Berlin seit 2001 | |
| von sechs auf drei Prozent im Jahre 2010 zurückgegangen. Vor allem in den | |
| Innenstadtbezirken habe die Nachfrage merklich angezogen. So beträgt die | |
| Leerstandsquote etwa im Wedding nur noch 2,3 Prozent. 2001 lag sie bei fünf | |
| Prozent. | |
| Nach Berechnungen des Berliner Mietervereins liegt die Leerstandsquote in | |
| Berlin sogar noch unter drei Prozent. "Wenn man die Wohnungen abzieht, die | |
| derzeit nicht marktaktiv sind, liegt der Leerstand bei 1,5 Prozent", sagte | |
| der Geschäftsführer des Mietervereins Reiner Wild im Bauausschuss. Da dies | |
| unter der sogenannten Fluktuationsreserve von drei Prozent liege, müsse der | |
| Senat auch darüber nachdenken, das Zweckentfremdungsverbot einzuführen, so | |
| Wild. | |
| 10 May 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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