# taz.de -- Kritik an Rot-Rot: Rechnungshof lehnt Einkaufstour ab | |
> Die Prüfbehörde bezeichnet im jüngsten Jahresbericht die | |
> Rekommunalisierungspläne von Linkspartei und SPD "mit Sorge". Linke | |
> spricht von ungenauer Rechnung. | |
Bild: Und der berühmte arme Steuerzahler muss es wieder richten. | |
Der Rechnungshof, die unabhängige Prüfbehörde des Landes, hat scharfe | |
Kritik an dem von Linkspartei und SPD erwogenen Rückkauf ehemals | |
landeseigener Unternehmen geäußert. "Mit Sorge" sehe man die aktuellen | |
Diskussionen über die sogenannte Rekommunalisierung, sagte | |
Rechnungshofchefin Marion Claßen-Beblo, als sie am Donnerstag ihren | |
Jahresbericht vorstellte. Der rot-rote Senat verhandelt derzeit darüber, | |
Anteile an den Berliner Wasserbetrieben (BWB) zurückzukaufen. SPD und | |
Linkspartei wollen zudem wieder Einfluss auf die Strom- und | |
Wasserversorgung gewinnen. Der Fraktionschef der Linken, Udo Wolf, wies die | |
Kritik der Behörde als unberechtigt zurück. | |
Die Linkspartei hatte die Diskussion um Rekommunalisierung Anfang 2010 | |
angestoßen und zunehmend Unterstützung in der SPD gefunden. In Zusammenhang | |
mit dem erfolgreichen Volksentscheid vom Februar, demzufolge der Senat alle | |
Verträge zum Teilverkauf der Wasserbetriebe von 1999 offen legen muss, | |
begannen Kaufgespräche mit RWE. Veolia, zweiter privater Teilhaber, will | |
bislang nicht verkaufen. Die beiden Unternehmen haben zwar nur 49,9 Prozent | |
der BWB-Anteile, aber dennoch das Sagen im Betrieb. | |
Diese Kaufgespräche sind jedoch nicht im Interesse der Initiative | |
"Wassertisch", Initiatorin des Volksentscheids: Die will erst die Verträge | |
prüfen, möglichst für nichtig erklären lassen und fordert einen | |
Verhandlungsstopp. Folgerichtig stützt sie auch die Kritik des | |
Rechnungshofes. "Wir teilen diese Sorge", sagte ihr Sprecher Michel | |
Tschuschke der taz. "Was wir nicht wollen ist, dass die Wasserbetriebe in | |
Landesbesitz kommen, aber deshalb der Wasserpreis steigt. Es muss sich für | |
den Bürger schon lohnen." | |
Die Prüfbehörde des Landes formulierte ihre Kritik eindeutig. "Der | |
Rechnungshof kann nicht erkennen, wie derartige Vorhaben finanziert werden | |
können, ohne dass in erheblichem Umfang finanzielle Risiken eingegangen | |
werden müssen", sagte Claßen-Beblo. Das ist für sie umso bedeutender, weil | |
die Finanzlage Berlins "weiterhin besorgniserregend" sei. | |
## Alternativen zum Rückkauf | |
Natürlich könne man wie Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) viele | |
Überlegungen anstellen, sagte Claßen-Beblo, seit Ende 2009 Behördenchefin | |
und zuvor Vizepräsidentin des Kammergerichts. Aber das Ziel sei doch ein | |
niedrigerer Wasserpreis und der sei auch auf anderem Weg zu erreichen: | |
indem man das Grundwasserentnahmeentgelt senke oder mit den privaten | |
Anteilseignern über einen geringeren Gewinn verhandele. | |
Linke-Fraktionschef Wolf hingegen skizzierte gegenüber der taz das schon | |
vom Wirtschaftssenator vorgetragene Modell: derzeit günstige Zinsen für | |
Kredite nutzen, die extra für Länder und Gemeinden angeboten werden, und | |
Kaufpreis samt Zinsen aus den Gewinnen der Wasserbetriebe abzahlen. "Da hat | |
der Rechnungshof wohl weniger genau gerechnet, sondern ist Opfer einer | |
Anti-Haltung von IHK und anderen geworden", sagte Wolf. "Wir kaufen nicht, | |
wenn wir dadurch den Wasserpreis erhöhen müssen." | |
Die Kritik des Rechnungshofes deckt sich mit Zweifeln der Opposition an der | |
Rekommunalisierungsstrategie. Die Grünen lehnen diesen Weg zwar nicht | |
grundsätzlich ab, wollen aber auch genau wissen, woher das nötige Geld | |
kommen soll. Bei der FDP kommt dazu grundsätzliches Misstrauen in | |
staatliche Steuerung. Liberale wie CDU hatten sich wie Claßen-Beblo für ein | |
niederigeres Grundwasserentnahmeentgeld ausgesprochen. | |
19 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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