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# taz.de -- Nachruf auf Gil Scott-Heron: Der spröde Heiler
> Er war ein Vorläufer des Rap und eine coole Stimme des schwarzen Zorns.
> Am Freitag ist der New Yorker Musiker, Dichter und Politaktivist Gil
> Scott-Heron gestorben.
Bild: Gil Scott-Heron, Asphaltpoet, 1984.
"The Revolution Will Not Be Televised", "We Almost Lost Detroit", "Winter
in America". In drei der bekanntesten Songs von Gil Scott-Heron war die
Musik sparsamst instrumentiert, manchmal nur mit Schlagzeug, Percussion,
Bass und einem Fender-Rhodes-Piano. Vorneweg lief Scott-Herons
Sprechgesang: "The revolution will not be televised, will not be televised.
The revolution will be no re-run brothers. The revolution will be live".
Die Revolution, nicht als Fernsehereignis in Schlaufe, sondern live. Die
Schlusspointe seines Songs "The Revolution Will Not Be Televised".
Entscheidend ist das präzise Timing seiner Schmirgelpapierstimme. So
präzise, dass sich Ohnmacht und Zorn direkt in Coolness übersetzen. Gil
Scott-Heron reflektierte in seiner Musik den state of the art des schwarzen
Amerika nach dem aufopferungsvollen Kampf der Bürgerrechtsbewegung.
Fehlende Mitsprache (auch wenn es sie auf dem Papier gab), fehlende
politische Führer (die waren in den sechziger Jahren ermordet worden), aber
eine reichhaltige Musiktradition (John Coltrane und Billie Holiday waren
seine Helden) als Kraftfeld. Ihre Spiritualität wolle er in seiner Musik
aufbewahren, sagte er in einem Interview mit der taz 2005. Und trotzdem war
er nicht nur Musiker, er war Asphaltpoet, der sich mit dem Alltag auf der
Straße auseinandersetzte.
Gil Scott-Herons Einfluss ist immens. In den Songs von Rapstars wie Kanye
West, Erykah Badu oder Common gibt es Anklänge an die Jazzpoetry des New
Yorkers, genauso findet sich seine Verbindung von Rhythmus und Sprache auch
in den Tracks der Detroiter House- und Technoszene. Scott-Heron ist ein
Vorläufer des Rap, er ist auch das Bindeglied zwischen dem Musiker der
Siebziger und dem Produzenten und DJ heutiger Zeit.
Als er in den frühen Siebzigern begann, Musik zu machen, hatte Gil
Scott-Heron bereits einen Namen als Autor. 1970 erschien sein Krimi "The
Vulture", da war er gerade 20 und hatte einen Abschluss in Creative Writing
von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore in der Tasche. Weitere
Bücher mit Storys und Gedichten sollten erscheinen. Aber er blieb
bescheiden. "Ich bin Klavierspieler", sagte er der taz.
Anfang der achtziger Jahre tourte Gil Scott-Heron mit Stevie Wonder durch
die USA, um sich dafür einzusetzen, dass der Geburtstag von Martin Luther
King (15. Januar) zum gesetzlichen Feiertag wird. Was dann schließlich 1986
auf Initiative von Ronald Reagan beschlossen wurde. Ausgerechnet jener
US-Präsident Ronald Reagan, gegen den Scott-Heron in einem seiner Texte
agitiert hatte.
Gil Scott-Heron war nie Mainstream. Er genoss Respekt auch jenseits der
Black Community. Die Schriftstellerin Gwendolyn Brooks bezeichnete ihn als
"spröden Heiler". Ein komischer Heiliger war er allemal. 16 Studioalben
veröffentlichte Scott-Heron, zuletzt erschien im Februar diesen Jahres eine
Kollaboration mit dem jungen britischen Musiker Jamie XX, der die
Gesangsspuren von Scott-Herons Album "I'm new here" von 2010 remixte.
Dreimal verbüßte Gil Scott-Heron Haftstrafen wegen Drogenbesitzes, bis
zuletzt rauchte er Crack. Er lebe seit Jahren mit der HIV-Erkrankung,
teilte er 2008 mit. "Nennen Sie mir einen Menschen, der fehlerfrei ist.
Dann sollten wir demjenigen dabei helfen, eine Religion zu starten. Bis es
so weit ist, treffen wir auf andere Menschen mit Fehlern und versuchen uns
gegenseitig zu bessern", sagte er vergangenes Jahr. Am Freitag ist Gil
Scott-Heron 62-jährig in New York gestorben.
29 May 2011
## AUTOREN
Julian Weber
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