# taz.de -- Kommentar zur Griechenland-Krise: Griechen rebellieren gegen Eurozo… | |
> Die Griechen haben faktisch entschieden, dass sie nicht mehr sparen | |
> wollen. Die Euro-Länder müssen sich entscheiden: Das Land pleitegehen | |
> lassen oder die Hilfen ausweiten. | |
Jetzt knallt es in der Eurozone. Die Krise hat ein neues Niveau erreicht, | |
und der Ausgang ist offen. Denn die Griechen haben faktisch entschieden, | |
dass sie nicht mehr sparen wollen. Eine breite Opposition befindet sich in | |
einer offenen Rebellion gegen den Internationalen Währungsfonds und gegen | |
die EU. Einzig die sozialistische Regierungspartei versucht noch, die | |
Sparauflagen für ein zweites Rettungspaket zu erfüllen - und selbst dort | |
wandern schon die ersten Abgeordneten ab. | |
Diese Rebellion kommt nicht unerwartet, denn es zerreißt jede Gesellschaft, | |
wenn die Löhne drastisch sinken und die Steuern genauso drastisch steigen | |
sollen. Trotzdem war in der Eurozone niemand darauf vorbereitet, dass es in | |
Griechenland jetzt schon kracht. Die heimliche Hoffnung war, dass man noch | |
ein paar Jahre weiterwursteln könne. | |
Diese Illusion hat sich jetzt erledigt. Selbst wenn es in Griechenland noch | |
pro forma zu einem zweiten Sparpaket kommen sollte, wird es nicht mehr | |
umgesetzt. Gegen die eigene Bevölkerung lässt sich nicht sparen. So können | |
Steuern nur eingetrieben werden, wenn die Beamten genauso mitmachen wie die | |
Bürger. Man kann ja nicht zu jedem Taxifahrer einen Steuerfahnder schicken. | |
Die anderen Euro-Länder haben jetzt die Qual der Wahl. Sie müssen sich | |
zwischen zwei Alternativen entscheiden, die unterschiedlicher nicht sein | |
könnten und die beide nicht attraktiv sind für die Steuerzahler. | |
Variante I: Wenn die Griechen nicht mehr sparen wollen und immer neue | |
Defizite aufhäufen, dann lässt man sie eben pleitegehen. Das Chaos wäre | |
allerdings umfassend. Die griechischen Banken würden zusammenbrechen, und | |
auch der griechische Staat könnte seine Schulden nicht mehr bedienen. Die | |
Griechen würden aus dem Euro fliegen - und Portugiesen sowie Iren dürften | |
bald folgen. | |
Variante II: Die Eurozone weitet ihre Hilfen für Griechenland aus. Es wird | |
also akzeptiert, dass drakonische Sparauflagen nicht funktionieren - auch | |
weil sie die Rezession in Griechenland noch verschärfen. | |
Wahrscheinlicher ist Variante II, wie auch die Finanzmärkte meinen. | |
Wohlwollend nehmen sie zur Kenntnis, dass die Eurozone bereits | |
Friedenssignale aussendet. So soll es im Juli auf jeden Fall eine weitere | |
Milliardenauszahlung an Griechenland geben, auch wenn noch kein neues | |
Sparpaket in Sicht ist. | |
16 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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