# taz.de -- Totschlagprozess in Leipzig: Beweise für Rassismus gesucht | |
> Zwei Neonazis stehen wegen der Tötung eines Irakers vor Gericht. Anfangs | |
> ging man von einer rechtsextremen Tat aus. Doch jetzt soll Rassismus | |
> nicht ihr Motiv sein. | |
Bild: Neonazis: Rechte Gesinnung ohne rechtes Handeln? | |
LEIPZIG taz | Vor dem Landgericht hält ein gutes Dutzend Leipziger am | |
Freitagmorgen eine Mahnwache ab. "Wir gedenken der Todesopfer rechter | |
Gewalt", steht auf einem Transparent. Zum Auftakt des Prozesses wegen der | |
Tötung des 19-jährigen Irakers Kamal Kilade wollen die Demonstranten | |
deutlich machen, dass sie mit der Einschätzung der Ermittlungsbehörden | |
nicht übereinstimmen. "Wie können die Behörden ausschließen, dass es sich | |
um einen rassistischen Mord gehandelt hat?", fragt Juliane Nagel vom | |
Initiativkreis Antirassismus. | |
Im Sitzungssaal 115 beginnt der Prozess gegen Markus E. und Daniel K. mit | |
der Anklageverlesung. Die Mutter des Opfers, die als Nebenklägerin | |
auftritt, bricht immer wieder in Tränen aus. Die beiden Angeklagten sitzen | |
schweigend neben ihren Verteidigern. Unter dem Hemd des 33-jährigen Markus | |
E. ragen etliche Nazi-Tattoos hervor. Auch der 29-jährige K. hat sich | |
SS-Runen und andere rechtsradikale Motive stechen lassen. An ihrer | |
Gesinnung hat nicht einmal die Staatsanwaltschaft Zweifel. | |
Den beiden mehrfach Vorbestraften wird gemeinschaftliche Körperverletzung, | |
Markus E. zudem Totschlag vorgeworfen. Sie sollen Kilade am 24. Oktober | |
2010 gegen 1.40 Uhr vor dem Leipziger Hauptbahnhof ohne erkennbaren Grund | |
angegriffen und auf ihn eingeprügelt haben. E. wird zudem beschuldigt, das | |
Opfer niedergestochen zu haben. An den Verletzungen verstarb Kilade einen | |
Tag später. | |
## Die Familie versteht es nicht | |
Noch am Tatort nahm die Polizei die beiden Verdächtigen fest. Der | |
Haftbefehl lautete zunächst auf gemeinschaftlichen Mord. Wenige Wochen | |
später wurde daraus der Vorwurf des Totschlags. Die Behörden sahen keine | |
"Belege für eine ausländerfeindliche Tatmotivation". | |
"Dass die Staatsanwaltschaft plötzlich ihre Meinung geändert hat, ist nicht | |
erklärbar", sagte Sebastian Scharmer, der Anwalt der Mutter, nach dem | |
ersten Prozesstag. Für die Familie ist es unverständlich, dass die Behörden | |
einen Mord aus ausländerfeindlichen Motiven ausschließen. Deshalb brachte | |
Scharmer einen Antrag ein, nach dem geprüft werden soll, ob auch eine | |
Verurteilung "wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen in Betracht kommen | |
kann". | |
Das Gericht will hierüber bis zum nächsten Prozesstag entscheiden. Daniel | |
K. ließ ankündigen, dass er dann ein Geständnis ablegen wolle. Markus E. | |
dagegen will weiter schweigen. | |
17 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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