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# taz.de -- Handyüberwachung in Dresden: Datenskandal beschäftigt Gerichte
> Nach dem Bekanntwerden einer großangelegten Datenüberwachung in Dresden,
> beginnt nun die juristische und politische Aufarbeitung. Auch taz legt
> Beschwerde ein.
Bild: Digitale Rasterfahndung: Die Dresdner Polizei überwachte nicht nur die S…
BERLIN taz | Wegen der flächendeckenden Handyüberwachung bei den
Antinaziprotesten am 19. Februar 2011 haben drei sächsische
Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Beschwerde beim Amtsgericht
Dresden eingereicht. Sie wollen gegen die Erfassung und Auswertung ihrer
Handyverbindungen vorgehen.
Die Polizeimaßnahme sei "ein schwerwiegender Eingriff in unsere
verfassungsgarantierten Abgeordnetenrechte", sagte ihr rechtspolitischer
Sprecher Johannes Lichdi, einer der drei Beschwerdeführer. Alle sächsischen
Bundestagsabgeordnete der Linkspartei prüfen zudem eine Musterklage.
Auch die taz geht gegen die Maßnahme vor. Sechs taz-JournalistInnen legten
am Donnerstag Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft Dresden ein. Sie sehen
sich durch die Speicherung ihrer Handydaten in ihrer Pressefreiheit
eingeschränkt und wollen die Rechtswidrigkeit der Überwachung feststellen
lassen.
Wie die taz aufgedeckt hatte, hat die Dresdner Polizei [1][mindestens
138.000 Handyverbindungen bei den Antinaziprotesten ermittelt und
gespeichert]. Ursprünglich sollte diese Funkzellenauswertung zur Aufklärung
von 14 Fällen dienen, unter anderem von schwerem Landfriedensbruch. Den
richterlichen Beschluss dazu hat die Polizei allerdings sehr weitreichend
ausgelegt und in mindestens 45 Fällen Handydaten auch in Ermittlungen gegen
Blockierer einfließen lassen. Da dies offensichtlich rechtswidrig ist, hat
die Staatsanwaltschaft Dresden das unterbunden und untersagt, die Daten
weiter zu verwerten.
Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat inzwischen
Justiz- und Innenministerium aufgefordert, ihm bis zum Freitag einen
[2][umfassenden Bericht zu der Handyüberwachung vorzulegen]. Ein Sprecher
des Justizministeriums sagte, es gebe Hinweise darauf, dass noch wesentlich
mehr Daten als bisher bekannt ermittelt und gespeichert wurden. Justiz- und
Innenminister behaupten, sie hätten erst am Montag von der Überwachung
erfahren.
## Dresdner Polizei hat offenbar schon früher Daten gesammelt
Spekuliert wird auch, ob nicht schon am 13. Februar, als ebenfalls Nazis in
Dresden marschieren wollten und sich Tausende dagegen stellten, eine
Funkzellenauswertung stattgefunden hatte.
Auf Initiative der sächsischen Opposition beschäftigt sich kommende Woche
der Landtag mit dem Datenskandal, bereits am Montag gibt es eine
außerplanmäßige Sitzung von Rechts- und Innenausschuss.
Unterdessen wurde bekannt, dass die Dresdner Polizei bereits 2009 in
Datensammelwut verfallen war. Im Zuge von Ermittlungen wegen Brandstiftung
an einer Bundeswehrkaserne hatten die Ermittler eine Funkzellenauswertung
vorgenommen. Weil sie Utensilien gefunden hatten, die nur in Obi-Baumärkten
verkauft werden, beschlagnahmten die Ermittler 162.000 Obi-Rechnungsbelege
und glichen diese mit den Handydaten ab. Den oder die Täter haben die
Ermittler bis heute nicht gefunden. Sämtliche Daten sind aber nach
MDR-Informationen noch immer beim sächsischen Landeskriminalamt
gespeichert.
Bei einer Pressekonferenz des Bündnisses "Dresden - Nazifrei" am Donnerstag
in Berlin kritisierte Thüringens Linksfraktionschef Bodo Ramelow die
Überwachung: "Man wünschte sich einen Aufstand der Anständigen, und dann
erleben wir eine Repressionsmaschine, die auf Abschreckung angelegt ist und
darauf abzielt, dass Bürger künftig zu Hause bleiben", sagte er. Auch
zahlreiche Thüringer Linkspartei-Abgeordnete hatten in Dresden
demonstriert. Albrecht Schröter, SPD-Oberbürgermeister von Jena, kündigte
ebenfalls an, juristischen gegen "diese Rechtsbeugung" vorzugehen. "Wir
sind im Osten nicht auf die Straße gegangen, um jetzt in einem Staat zu
leben, in dem so etwas möglich ist", sagte er.
23 Jun 2011
## LINKS
[1] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/mal-eben-ausgespaeht/
[2] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/datenskandal-wird-zur-chefsac…
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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