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# taz.de -- Forum für die Rechtsrockband "Stahlgewitter": Entlarvung fehlgesch…
> Das Studierendenmagazin der Musikhochschule Hannover interviewt einen
> prominenten Nazimusiker. Die Szene applaudiert, die Landesregierung
> grollt.
Bild: Alles nur ein Witz? Das Ministerium war nicht amüsiert.
HANNOVER taz | Das Cover ziert ein Musiker mit Irokesenschnitt. Auf Seite 8
des Saitensprung, des Magazins der hannöverschen Hochschule für Musik,
Theater und Medien prangt dann auf einem nackten Oberarm die Schwarze Sonne
- ein mancherorts beliebtes Tattoomotiv, entlehnt einem Bodenmosaik der SS
aus der Wewelsburg bei Paderborn.
Mit dem Bild illustriert das Blatt ein Interview mit Frank Kraemer, Gründer
der Rechtsrockband "Stahlgewitter". Mehr Reichweite außerhalb seiner
eigenen Szene, mutmaßt Martin Langebach, Rechtsrock-Experte aus Düsseldorf,
"dürfte der überzeugte Neonazi in seiner über 15-jährigen Karriere nicht
erreicht haben".
Es ist nicht so, dass die Studierenden des Studiengangs Medien und Politik
darüber nicht auch diskutiert hätten: Lange sei in der Redaktion das Für
und Wider verhandelt worden, sagt der verantwortliche Professor Gunter
Reus. Weil aber Rechtsrock ein zentrales Moment in der rechten Strategie
sei, müsse diese Musik nicht tabuisiert werden, sondern thematisiert, so
Reus. Dem dreiseitigen "Streitgespräch" wurde daher das redaktionelle
Bekenntnis vorangestellt, Kraemers Positionen "grundsätzlich abzulehnen".
Den Rechtsrocker, der regelmäßig betont, mit "dem System" im Krieg zu
liegen, und es als Ehrung verstehen dürfte, dass einige seiner Lieder
indiziert sind, bleibt in dem Gespräch gelassen. Rechts und links, darf er
ausbreiten, seien überholte Begriffe, um sogleich darzulegen: "Dank
wissenschaftlicher Erkenntnisse der Genetik, der Soziobiologie und der
Verhaltensforschung wissen wir, dass z. B. Schwarze, Asiaten und Europäer
ja nicht einfach nur verschieden aussehen, sondern ganz andere biologische
und charakterliche Eigenarten mitbringen."
Die Interviewer fassen nach, halten ihm Textstellen aus seinen Liedern vor.
Kraemer aber sagt, was er sagen will, schimpft über "Ausländerkriminalität"
und verharmlost rechtsextreme Gewalt, beklagt den "Schuldkult", wettert
über Einwanderung sowie die "Besatzung" und "Fremdbestimmung durch
multinationale Logen".
Sicher, sagt Gunter Reus: Bei dem Interview hätte man vielleicht hier und
da etwas mehr nachhaken müssen. Andererseits werde begreiflich, was da zu
bekämpfen gebe. Für Martin Langebach dagegen ist klar: Das Interview dürfte
Neonazi Kraemer als PR-Erfolg verbuchen.
In der Tat feierte die Szene das Gespräch unverzüglich: Auf dem
einschlägigen Portal "Altermedia" heißt es in einem Kommentar: "voller
Erfolg", und man werde "beim nächsten Kameradschaftsabend das Interview
ausführlich besprechen und einige Punkte nochmals vertiefen" - "ein
hervorragener Schulungsleitfaden".
"Es ist ein schwerer Fehler, in einer seriösen Hochschulzeitung einem
bekannten Nazimusiker auf diese Art und Weise eine Plattform zu bieten",
sagt Victor Perli, hochschulpolitischer Sprecher der niedersächsischen
Linksfraktion. Es handele sich da eben nicht um ein Forschungsprojekt,
sondern um ein Unterhaltungsmedium. "Das Signal, welches ausgesendet wird,
ist, das Nazi-Positionen legitim sind", fürchtet Perli.
Am Donnerstag nun kritisierte auch das niedersächsische
Wissenschaftsministerium die Veröffentlichung scharf und forderte das
Präsidium der Hochschule zu einer Stellungnahme auf. Presse- und
Wissenschaftsfreiheit seien ein hohes Gut, aber es sei nicht akzeptabel,
dass in Publikationen "unserer Hochschulen auch nur der Eindruck" entsteht,
dass "radikale Positionen ein ungefiltertes Forum finden", sagte ein
Ministeriumssprecher.
23 Jun 2011
## AUTOREN
Andreas Speit
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
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