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# taz.de -- 20 Jahre Balkankriege: Die letzte Party im Frieden
> Im Juni 1991 feierten einige Freunde in Slowenien die neue
> Unabhängigkeit. Es war eine traurige Feier. Denn alle wussten: Jetzt
> beginnt der Krieg.
Bild: Heute wieder friedlich: Innenstadt von Ljubljana in Slowenien.
BERLIN taz | "Abschied von Jugoslawien" stand auf der Einladungskarte, als
einige Journalisten und Wissenschaflter sich am 24. Juni 1991 im
frühsommerlichen Ljubljana in Slowenien trafen. Alle unterhielten sich
trotz des ausgezeichneten slowenischen Weins etwas betreten.
Über dem Abend schwebte die Frage, was am nächsten Tag passieren würde.
Dann würde Staatspräsident Milan Kucan die Unabhängigkeit der Republik
Slowenien ausrufen - und in Zagreb zur gleichen Zeit der kroatische
Präsident Franjo Tudjman die Unabhängigkeit Kroatiens. Es war allen klar,
dass sie gerade den letzten ruhigen Moment vor einem Krieg erlebten.
Es gab Spannungen zwischen der Zentralregierung in Belgrad, die den Zerfall
des alten Jugoslawiens verhindern wollte, und den Slowenen. Der Konflitk
zwischen Slowenien und Serbien entlud sich bald an der Kosovofrage.
Milosevic hatte die serbische Verfassung 1989 ändern lassen - und dem
Kosovo die Autonomie genommen, die in Jugoslawien verankert worden war.
Milan Kucan, der spätere slowenische Präsident, war gegen die Aufhebung der
Autonomie. Kucan gelang es, die Slowenen für seine Sache zu mobilisieren.
Der Konflikt schaukelte sich hoch, und auf dem Parteitag des
Kommunistischen Bunds Jugoslawiens im Januar 1990 kam es zum Showdown:
Kucan und die slowenischen Delegierten forderten Wirtschaftsreformen, freie
Wahlen und das Ende der Repressionen im Kosovo. Milosevic ließ alle Anträge
abschmettern. Daraufhin verließen Slowenen, Kroaten - unter ihnen ein
Drittel kroatische Serben - den Saal. Der Bund der Kommunisten wurde
aufgelöst. Der Parteikongress symbolisierte das emotionale Ende
Jugoslawiens.
Dieses Ende Jugoslawiens hatte die Menschen an jenem Abend auf der Terrasse
in Ljubljana zusammen gebracht. Am nächsten Tag würde Slowenien unabhängig
sein. Es war keine fröhliche Feier, sondern eine voller Nostalgie.
## Armee fühlte sich dem sozialistischen Jugoslawien verpflichtet
Die Jugoslawische Volksarmee würde die Abspaltung Sloweniens nicht
akzeptieren. Die Armee fühlte sich dem sozialistischen Jugoslawien
verpflichtet. Sie hatte angekündigt, die Souveränität sofort zu untergraben
und die jugoslawischen Grenzen zu sichern, sollte die Unabhängigkeit
ausgerufen werden. Doch Slowenien war vorbereitet. Militärstrategen hatten
insgeheim Strukturen einer eigenen Armee aufgebaut.
Auch Kroatien wollte die Unabhängigkeit ausrufen. Der politischen Führer
der Serben in Kroatien, Milan Babic, allerdings stellte klar: "Wenn
Kroatien die Unabhängigkeit ausruft, werden wir, der Zusammenschluss der
serbischen Gemeinden in Kroatien, unsererseits die Unabhängigkeit von
Kroatien ausrufen." Das bedeutete Krieg. Kroatien würde niemals auf einen
Teil seines Territoriums verzichten.
Als Babic diesen Widerstand angekündigt hatte, schossen wenig später
Kroaten und Serben in der Region Plitvice. So begann ein Konflikt, der
Namen wie Srebrenica ins kollektive europäische Gedächtnis brennen würde.
Ein Konflikt, der sich bis zum Ende der neunziger Jahre ziehen sollte – bis
zum Frieden im Kosovo.
Erich Rathfelder, taz-Korrespondent auf dem Balkan, hat nicht nur die Party
vor dem Ausbruch des Krieges erlebt, die seine Freunde in Ljubljana
ausrichteten. Er traf im Juni 1991 auch den Serbenführer Milan Babic. Wie
er die Schüsse eines Umsturzes hörte und wie er in diesen Tagen der
Unabhängigkeit von einem neuen Land ins nächste reiste und schließlich
beschloss, zu bleiben, erzählt er in der Ganzen Geschichte "Der letzte
ruhige Tag" - in der aktuellen sonntaz.
25 Jun 2011
## AUTOREN
Johannes Gernert
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