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# taz.de -- Fehmarnbelt-Querung: Beteiligte zu Betroffenen machen
> Den Dialog mit den Bürgern auf der Ostseeinsel Fehmarn suchen
> Verkehrsminister Peter Ramsauer und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident
> Peter Harry Carstensen. Nur über die Belt-Querung reden sie nicht.
Bild: Unter Löwen: Zu Beginn des Bürgerforums geht Bundesverkehrsminister Pet…
BURG AUF FEHMARN taz | Er komme sich "nicht so vor wie in der Höhle des
Löwen", stellte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) fest. Etwa 100
Demonstranten vor der Tür der Inselschule in Burg auf Fehmarn und mehr als
400 Menschen in der Aula waren gekommen, um mit dem Minister und Vertretern
der Landesregierung Schleswig-Holsteins über die Fehmarnbelt-Querung zu
diskutieren. Überzeugt hatte nach drei Stunden hitziger Debatte niemand
niemanden.
Er sei gekommen, "um Betroffene zu Beteiligten zu machen", verkündete
Ramsauer, aber keiner applaudierte. Es gehe aber nicht um das "Ob" der
Fehmarnbelt-Querung, sondern nur um das "Wie". Er wolle eine "transparente
Diskussion", ergänzte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) - und
erntete Pfiffe und Gelächter.
In einem neu zu schaffenden Dialogforum, das nach der parlamentarischen
Sommerpause seine Arbeit aufnehmen solle, "können Sie über alles sprechen,
worüber Sie wollen - unabhängig und öffentlich", versicherte Carstensen dem
Publikum. Dieses Gremium solle als "neue Form der Bürgerbeteiligung die
gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren ergänzen". Nur eine
Einschränkung gebe es, so Carstensen: "Der Staatsvertrag mit Dänemark über
den Bau der Fehmarnbelt-Querung steht nicht zur Disposition."
Einen "neutralen und unparteiischen Vorsitzenden" hatte Carstensen auch
gleich mitgebracht: den scheidenden deutschen Botschafter in Dänemark,
Christoph Jessen. Diese Personalie erfolge "ohne Abstimmung mit uns", sagte
Malte Siegert, Sprecher der Allianz gegen eine Fehmarnbelt-Querung.
Benenne Carstensen "par ordre de mufti" einen angeblich neutralen
Vorsitzenden, sei das "keine vertrauensbildende Maßnahme". Bis zu Jessens
Pensionierung Ende Juni vertrete dieser in Kopenhagen deutsche Interessen -
"auch bei der Fehmarnbelt-Querung", stellte Siegert klar und fragte: "Wie
neutral können Sie sein?"
Inzwischen hat die Allianz der Bürgerinitiativen Jessen zu einem Gespräch
eingeladen. "Wenn wir uns verweigern, haben wir den Schwarzen Peter."
Siegert vermutet ein machttaktisches Spielchen Carstensens. "Wir werden mit
Herrn Jessen sprechen und dann bewerten, ob wir ihn als unparteiischen
Leiter des Dialogforums akzeptieren können."
Hinter diesem minutenlangen Disput geriet der Bundesverkehrsminister
beinahe in Vergessenheit, der auch auf der Bühne herumstand. Mit einem
Sonderzug war er aus Lübeck angereist und hatte sich "einen Eindruck
verschafft", wie Ramsauer sagte. Zusammen mit den Bürgermeistern der Städte
und Gemeinden an der gut 80 Kilometer langen Strecke habe er im Cockpit der
Regionalbahn gestanden und sich "Kilometer für Kilometer" über die Probleme
informieren lassen: "Ich habe jetzt ein umfassendes Bild gewonnen."
Auch von den Protesten in den Seebädern: Auf allen Bahnhöfen standen
Demonstranten mit Plakaten. "Der ist mit 80 Sachen durchgerauscht und hat
uns zugewunken", sagt Landwirtin Frauke Redderberg von der Initiative im
Ostseebad Scharbeutz, "was will der gesehen haben?"
In allen Tourismusorten an der Lübecker Bucht ist die Angst groß vor dem
Ausbau der Schienenverbindung und den bis zu 78 Güterzügen, die zusätzlich
durch die Orte donnern würden. "Das Ende des Tourismus", fürchtet
Timmendorfs Bürgermeister Volker Popp. Deshalb untersucht die Deutsche Bahn
derzeit mehrere Trassenvarianten. In der Konsequenz werden die Seebäder
entweder den Lärm zusätzlicher Züge ertragen müssen - oder die Verlegung
ihrer Bahnhöfe ins Binnenland.
"So oder so", sagt ein Gegner des Projekts schulterzuckend, "wir haben die
Arschkarte."
26 Jun 2011
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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Kommentar Tunnel-Dialog auf Fehmarn: Symptome behandelt
Was da als Dialog zwischen Regierenden und Regierten angepriesen wird, ist
nicht ergebnisoffen: Besprochen wird nicht, ob der Fehmarnbelt gequert
wird, sondern nur, welche Konsrequenzen das hat.
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