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# taz.de -- Jamaika-Koalition im Saarland: Heikles Monopoly mit Rechtsextremen
> Die FDP im Saarland schafft sich ab. Ein Brettspiel mit dem NPD-Chef
> führt zu einem internen Beleidigungskrieg, der vor Gericht geklärt werden
> musste.
Bild: Christoph Hartmann, der Parteivorsitzende der Saar FDP, hatte sich das me…
SAARBRÜCKEN taz | "Beide Parteien sind sich darüber einig, dass sie sich
zukünftig nicht mehr als ,Schwein oder Verbrecher' einerseits und als
,rechtsradikaler Monopolyspieler' andererseits bezeichnen werden." So steht
es schwarz auf weiß in einem gerade erst bekannt gewordenen gerichtlichen
Vergleich zwischen den Kontrahenten Stefan Krämer (FDP Saar) und Peter
Müller (FDP Saar).
Der eine, Krämer, ist Parteichef der Liberalen im Kreisverband Saarpfalz,
Vorsitzender des Landesfachausschusses Finanzen und Kirchenbeauftragter.
Der andere, Müller, war bis Ende Mai 2011 Vorsitzender der Liberalen im
Saarpfalzkreis und ist noch Chef der Fraktion der FDP im Kreistag.
Die FDP Saar, Teil der einzigen Jamaikaregierung der Republik, ist offenbar
dabei, sich selbst abzuschaffen. Schließlich führte schon die Affäre
Hinschberger - der Exfraktionschef der FDP im Landtag zeigte 2010 gleich
mehrere Parteifreunde wegen "Betrug" an - zum Rücktritt des amtierenden
Wirtschaftsministers Christoph Hartmann vom FDP-Landesvorsitz.
Der Vergleich jetzt ist das vorläufige Ende einer Affäre, die im Oktober
2010 mit einer Runde Monopoly im privaten Kreis begann. Dem Spielkreis
gehörten der Landesvorsitzende der NPD Saar, Frank Franz, und der
freidemokratische Kirchenbeauftragte, Krämer (FDP), an - zuständig auch für
Kontakte zu den jüdischen Gemeinden. Erstmals dazu eingeladen war der
Landtagsabgeordnete Christian Schmitt, aktuell Chef der Landtagsfraktion.
Schmitt erkannte den Nazi und verließ fluchtartig den Spielclub FDP/NPD.
Mit Faschisten setze er sich nicht an einen Tisch, ließ Schmitt
verlautbaren und informierte Parteiführung und Verfassungsschutz. Krämer
dagegen blieb sitzen und würfelte mit NPD-Mann Franz weiter um Häuser und
Hotels in Schlossallee und Badstraße.
## Affäre endet vor Gericht
Dass ausgerechnet Krämer sieben Monate später zum Chef des Kreisverbandes
Saarpfalz der FDP gewählt wurde, ließ NPD-Landeschef Franz triumphieren:
"Die Bekanntschaft mit mir hat ihm [Krämer, die Red.] offenkundig nicht
geschadet, denn sonst hätte der einflussreiche und mitgliederstarke
Kreisverband der FPD ihn nicht zum Vorsitzenden gewählt", heißt es in einer
Erklärung der NPD.
Liberale an der Saar sprachen dagegen von einer "geschickten
Unterwanderung" des Kreisverbandes "durch Personen mit Rechtskontakten".
Ex-Kreischef Müller, der nicht wieder für den Kreisvorsitz kandidiert
hatte, verweigerte seinem Nachfolger Krämer denn auch die Zugangsdaten für
die Internetseite der FDP Saar. Von einem "rechtsradikalen Monopolyspieler"
jedenfalls lasse er sich nicht unter Druck setzen, erklärte Müller
öffentlich. Im Gegenzug beleidigte Krämer Müller per Mail grob und zog vor
Gericht. Dort kam es nun zum Vergleich.
Krämer allerdings steht jetzt erneut im Zwielicht. Die Staatsanwaltschaft
hat gegen den 1966 in Saarbrücken geborenen "Wirtschaftswissenschaftler"
(eigene Angabe) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf "falsche
Führung von Titeln" eingeleitet. Der ehemalige Landeschef der FDP und
amtierende Wirtschaftsminister der saarländischen Jamaikakoalition,
Christoph Hartmann, der dem Kreisverband Saarpfalz angehört, wollte sich -
direkt befragt - nicht zur Affäre Krämer äußern. Er sei dort im
Kreisverband nur "einfaches Mitglied", beschied Hartmann. Und im Übrigen
habe sich der seinerzeit informierte Verfassungsschutz bislang nicht
negativ zu Krämer geäußert.
SPD-Saar-Generalsekretär Reinhold Jost fordert jetzt den FDP-Landeschef
Oliver Luksic (MdB) auf, in seiner Partei "endlich aufzuräumen". Die FDP
Saar füge mit ihren Eskapaden "dem Ansehen der gesamten Politik im Land
schweren Schaden zu".
8 Jul 2011
## AUTOREN
K.-P. Klingelschmitt
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