# taz.de -- Steuer auf Rüstungsgeschäfte: Dubioses Friedensfest | |
> Eine private Initiative will mit ihrem Friedensspektakel eine | |
> Waffensteuer fordern. Der etablierten Friedensbewegung ist die | |
> wirtschaftsnahe Organisation suspekt. | |
Bild: Die Initiatoren des Festivals wollen durch eine Steuer auf Waffengeschäf… | |
BERLIN taz | Nobelpreisträger Desmond Tutu stellt klar, was zu erwarten | |
ist: Das "größte und wichtigste Friedensereignis in der Geschichte" stehe | |
in Berlin bevor, liest der südafrikanische Erzbischof ab. Mit Tutus | |
Videobotschaft wirbt eine Organisation namens "World Peace Partnership" | |
(WPP) für ihre "World Peace Conference" Ende August im Berliner Estrel | |
Kongresszentrum. | |
"Frieden wird zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor in einer | |
globalisierten Welt," sagt WPP-Sprecher Sebastian Hesse. Weil es "weltweit | |
noch keine Dachorganisation" in Sachen Frieden gebe, wolle WPP "alle | |
Stakeholder aus dem Bereich zusammenbringen." Die Wirtschaft spricht WPP | |
dabei mit dem Slogan "Peace is your business" an - und sei "auch mit der | |
Waffenindustrie im Gespräch," sagt Hesse. | |
Großunternehmen und allerlei Stars unterstützen für die Konferenz, | |
massenhaft Prominente wie Bertelsmann-Erbin Brigitte Mohn, Berater Roland | |
Berger oder Puma-Chef Jochen Zeitz sind als Redner angekündigt. Wer sie | |
hören will, muss zahlen: Die Kosten für ein Standardticket liegen bei 945 | |
Euro. | |
Hinter dem am Potsdamer Platz residierenden WPP stehen der Musiker Tom | |
Oliver und sein Vater Erhart, Consulting-Funktionär und | |
Ex-SPD-Finanzcontroller. Die Idee zu dem Festival, so verriet der in Nizza | |
lebende Tom der Berliner Morgenpost, kam ihm so: Er sei mal "am | |
Brandenburger Tor vorbei geradelt und hat sich gedacht: Hier muss man mal | |
ein tolles Festival machen." Seitdem trommelt er mit esoterisch-wolkiger | |
Rhethorik für das Festival, das seine "Werkzeuge für den Frieden" bekannt | |
machen soll. | |
## Weltfriedensstrategie: Steuer auf Waffenexporte | |
Kostprobe: "Schau in die Zukunft und stell Dir vor, wohin es führt, wenn | |
der Konflikt eskaliert." Dazu will WPP im Estrel auch noch eine | |
"Weltfriedensstrategie" präsentieren, die laut Hesse schon "von einigen | |
Staaten implementiert wird". Hauptforderung aber ist eine zehnprozentige | |
Steuer auf die Erlöse von Waffenverkäufen - genannt "The Arms Deal" - um | |
"den Opfern von Waffen zu helfen". Mit dem Geld sollen die Exportländer die | |
"Millenniumsziele der UN" fördern. | |
Die etablierte Friedensbewegung ist entsetzt. "Der Begriff Frieden ist | |
leider nicht geschützt", sagt Christian Golla vom Netzwerk | |
Friedenskooperative in Bonn. Das Festival sei "Namedropping der schlimmsten | |
Sorte" und habe "mit Friedensbewegung rein gar nichts zu tun." | |
Mit einer Waffensteuer den Opfern bewaffneter Konflikte helfen zu wollen, | |
sei vergeichbar mit dem Versuch "Feuer mit Benzin zu löschen", sagt Golla. | |
"Die Waffen müssen aus den Konfliktgebieten raus und nicht da rein." | |
"Strikt dagegen" sind auch die europäische Campaign Against Arms Trade in | |
London und die BUKO-Kampagne "Stoppt den Rüstungsexport" in Bremen. | |
Der Kasseler Friedensforscher Peter Strutynski hat die Einladung zu dem | |
Festival abgelehnt. "Es fehlt vollständig eine Auseinandersetzung mit den | |
politischen Determinanten von bewaffneten Konflikten, mit den | |
Kriegsursachen und entsprechenden politischen Vorschlägen," sagt er. | |
Stattdessen gebe es eine " beliebige Aneinanderreihung von Referenten, die | |
wohl in erster Linie zu Sprechblasen und Sonntagsreden neigen." Auch Paul | |
Russmann, Sprecher der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel" in | |
Stuttgart ist "irritiert". Ihm sei "völlig unklar, wer dahinter steckt und | |
was das soll." Er frage sich, ob da "Greenwashing im Rüstungsbereich | |
betrieben" werde. | |
Tatsächlich sind mindestens zwei der Sponsoren, nämlich die | |
Consultingfirmen CapGemini und Bird&Bird auch im Rüstungsbereich aktiv. Auf | |
Anfrage wollte sich Bird&Bird nicht zu ihrem Engagement für das WPP äußern. | |
Auch Sponsor M Cam, eine US-Beraterfirma, unterhält eine "strategische | |
Allianz" mit dem Washingtoner "Arlington Institute", dessen Gründer vorher | |
im Pentagon und im Nationalen US-Sicherheitsrat beschäftigt war. | |
Was Ende August tatsächlich passiert, ist indes fraglich. Eigentlich hätte | |
das bombastisch aufgezogene Festival schon letztes Jahr vor dem | |
Brandenburger Tor laufen sollen. Monate vorher warben die Organisatoren mit | |
dem Dalai Lama, Michail Gorbatschow und Sharon Stone, "einer Million Gästen | |
vor Ort und einer Milliarde Zuschauer im TV." Gelaufen ist am Ende gar | |
nichts - die "Love Parade"-Katastrophe sei dazwischen gekommen, sagt Hesse. | |
Auch für das jetzt geplante Konzert suchen die Veranstalter noch nach einem | |
Veranstaltungsort, das Programm werde "bald bekannt gegeben". | |
13 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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