# taz.de -- Geschützter heiliger Berg Tindaya: Fuerteventura will Vulkan aush�… | |
> Die Inselregierung will den Tindaya aushöhlen. Das geplante Kunstprojekt | |
> "Denkmal der Toleranz" soll Touristen anziehen. Doch ob der Vulkan das | |
> aushält, ist nicht geklärt. | |
Bild: Umweltschützer sind gegen das Projekt. Sie sagen: der Berg ist schon jet… | |
MADRID taz | Der bekannte baskische Bildhauer Eduardo Chillida verstarb | |
2002. Doch sein wohl umstrittenstes Projekt lebt weiter. "Denkmal der | |
Toleranz" heißt die Vision, die die Gemüter erhitzt. Die Pläne Chillidas | |
sehen vor, einen Berg auszuhöhlen. Es geht um den Tindaya auf | |
Fuerteventura, eine der bei Touristen beliebtesten Insel der spanischen | |
Kanaren im östlichen Atlantik. Ein kubischer Raum von 50 Metern Kantenlänge | |
soll im Innern des erloschenen Vulkans entstehen. | |
Mitten in der Krise entdeckt die im Mai frisch gewählte Inselregierung aus | |
der Regionalpartei Coalición Canaria und den Sozialisten von Spaniens | |
Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero das alte Projekt neu. Es soll | |
Arbeitsplätze schaffen und zusätzlich Urlauber anziehen. Anfang Juni wurde | |
eine entsprechende Einigung mit der Familie Chillidas getroffen. Die Kinder | |
des Meisters wollen verwirklichen, was den Vater an den Rand der | |
Verzweiflung trieb. | |
Der Tindaya ist ein ganz besonderer Berg. 250 Meter erhebt sich der | |
Basaltkegel über die Ebene der Vulkaninsel Fuerteventura. Sein Grundriss | |
ist ein fast perfektes Oval: 1.350 Meter in eine Richtung, 850 in die | |
andere. Je nach Tageszeit ändern Berg und Landschaft ihre Farben im Sonnen- | |
und Mondlicht. Dies machte den Tindaya zum heiligen Ort für die Ureinwohner | |
Fuerteventuras. 217 Ritzmalereien an den Felswänden belegen dies. | |
## In zwei Monaten soll es losgehen | |
Trotz der historischen Dimension und trotz des Naturschutzes, den der | |
Tindaya genießt, sollen in spätestens zwei Monaten die ersten Arbeiten | |
beginnen. "Wir müssen aktiv werden, um die tatsächliche Zusammensetzung des | |
Berges zu erforschen", erklärt der Chef der Ingenieursvereinigung der | |
Kanaren, Lorenzo Fernández Ordóñez. Denn ob der Tindaya sich noch selbst | |
trägt, nachdem erst einmal ein Hohlraum so hoch wie ein 15-stöckiges | |
Gebäude mit Pickel und Schaufel ausgegraben wurde, weiß niemand zu sagen. | |
"Einen Innenraum schaffen, der den Menschen aller Rassen und jeder | |
Hautfarbe als großes Denkmal der Toleranz dient", schwärmte Chillida einst, | |
dessen Skulptur "Berlin" das Bundeskanzleramt in der deutschen Hauptstadt | |
schmückt. | |
Die Geschichte vom hohlen Berg begann 1985, als Chillida auf die Idee | |
seines Denkmals für die Toleranz kam. Nach jahrelangem Suchen wählte er den | |
Tindaya als Ort. Die Inselregierung war begeistert, Umweltschützer, | |
Archäologen und Historiker nicht. Die jahrelange Auseinandersetzung hat | |
bereits 25 Millionen Euro für Bergbaulizenzen, Studien und Marketing | |
verschlungen. Dabei sollen einige der Verantwortlichen gar großzügig in die | |
eigene Tasche gewirtschaftet haben. "Als furchtbare Nervensägen", | |
beschimpfte Chillida die Gegner, bevor er den Meißel hinschmiss. | |
## Stahlträger, Beton, Naturstein | |
"Es ist höchst unwahrscheinlich, dass der Berg dies aushält", erklärt die | |
Umweltjournalistin und Sprecherin einer lokalen Bürgerinitiative auf | |
Fuerteventura, Sofía Menéndez. Die Verantwortlichen würden deshalb längst | |
mit einem Plan B arbeiten. Der Hohlraum soll wenn nötig mit Stahlträgern | |
und Beton verstärkt und danach mit Naturstein ausgekleidet werden. "Mit dem | |
Originalprojekt hat dies nichts mehr zu tun", sagt Menéndez. Neueste | |
Studien warnen jetzt gar noch vor einem weiteren Problem. Die natürliche | |
Radioaktivität, die im Innern des Berges herrscht, ist vermutlich viel zu | |
hoch, um Besucher zuzulassen. | |
Die Inselregierung macht dennoch unbeirrt weiter. "Das Projekt wird keine | |
zusätzlichen öffentlichen Investitionen benötigen", verspricht der | |
Inselpräsident von Fuerteventura, Mario Cabrera. Er will eine Konzession an | |
die Baufirmen vergeben. Diese buddeln und investieren die notwenigen 75 | |
Millionen Euro. Danach dürfen sie dann Eintritt von den Touristen für den | |
Hohlraum verlangen. Ob dies funktioniert? Die Kritiker bezweifeln dies. | |
Denn das Museum von Chillida im nordspanischen Baskenland schloss vor | |
wenigen Wochen seine Tore - aus Besuchermangel. | |
17 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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