# taz.de -- Kampf um die Zukunft des Schanzenviertels: Wohnraum statt Döner | |
> Anlieger kämpfen mit einem Bürgerbegehren für die soziale Nutzung der | |
> "Brammer-Fläche" statt einer Dönerfabrik. | |
Bild: Umkämpfte Brache: die Brammer-Fläche an der Max-Brauer-Allee. | |
An der Max-Brauer-Allee, wo Altona und Eimsbüttel zusammenkommen, liegt die | |
letzte größere Freifläche des Schanzenviertels. Bald aber könnte es damit | |
zu Ende sein. Seit längerem verhandelt die Stadt als Grundstückbesitzerin | |
mit Ertan Çelik, dem Inhaber von Hamburgs größtem Dönerlieferanten, über | |
einen Verkauf des südwestlichen Teils des 8.300 Quadratmeter großen Areals. | |
Der Kaufvertrag ist noch nicht unterzeichnet, die Differenzen aber sollen | |
nur noch minimal sein. Doch ausgerechnet jetzt tritt ein Bürgerbegehren auf | |
den Plan. | |
John Schierhorn, der Betreiber des auf der Fläche ansässigen Beach Clubs | |
"Central Park", möchte den Bebauungsplan ändern. Dieser lässt auf dem | |
Gelände, im Volksmund "Brammer-Fläche" genannt, nur gewerbliche Nutzung zu. | |
Und verhindert somit, was Schierhorn toll findet, was aber wirtschaftlich | |
nicht so lukrativ ist: studentisches Wohnen, Läden für Existenzgründer, | |
Kultureinrichtungen sowie Flächen für soziale und gemeinnützige Zwecke. Ab | |
heute sammelt er mit Anwohnern Unterschriften für ein Bürgerbegehren, das | |
eine solche Mischnutzung ermöglichen würde. | |
"Der Bebauungsplan ist 17 Jahre alt", sagt Schierhorn. "So, wie sich das | |
Schanzenviertel seither entwickelt hat, ergibt ein Verkauf an das | |
Großgewerbe doch absolut keinen Sinn." Am Montag hat er sich mit Ertan | |
Çelik getroffen. Etwas überraschend unterstützt der Hamburger Dönerkönig | |
das Bürgerbegehren. "Es war noch nie unsere Firmenphilosophie, nur an die | |
eigenen Interessen zu denken", sagt er. "Ich bin im Schanzenviertel | |
aufgewachsen, der Stadtteil liegt mir am Herzen. Gibt es ein Konzept, das | |
für das Viertel besser geeignet und realisierbar ist, verschließen wir uns | |
diesem nicht." | |
Der gegenwärtige Standort im Schlachthof jedenfalls ist längst zu eng | |
geworden. Çelik möchte sein Imperium gerne verdoppeln: 50 neue | |
Arbeitsplätze möchte er schaffen - am liebsten im Schanzenviertel. Weil er | |
nur knapp die Hälfte der "Brammer-Fläche" benötigen würde, könnte der | |
Central Park womöglich sogar bestehen bleiben. | |
Die Regierungsparteien in der Altonaer Bezirksversammlung stehen dem | |
Bürgerbegehren offen gegenüber, wie sie sagen. "Bisher haben wir aber immer | |
die Auffassung vertreten, dass das Grundstück rein gewerblich genutzt | |
werden sollte", sagt Thomas Adrian, der Fraktionschef der SPD. Eva | |
Botzenhart, Fraktionsvize der GAL, wünscht sich eine "sozial- und | |
viertelverträgliche Nutzung". Allerdings ist sie skeptisch, ob das Gelände | |
für Wohnraum geeignet ist. Wegen der vielbefahrenen Straßen und der | |
angrenzenden Bahngleise sei es hierfür wohl zu laut. Letzterem schließt | |
sich Sven Hielscher von der oppositionellen CDU an. Auch hält er den | |
Zeitpunkt des Bürgerbegehrens für verfehlt: "Das kommt viel zu spät." | |
Schierhorn und seine Mitstreiter sind dennoch zuversichtlich. Bis zum | |
Herbst wollen sie die nötigen knapp 6.000 Unterschriften gesammelt haben. | |
Anwohnerin Monika Hoop, die seit 22 Jahren an der Max-Brauer-Alle wohnt, | |
sagt: "Hier im Schanzenviertel sind wir schon aus Tradition kämpferisch." | |
19 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Dennis Bühler | |
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