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# taz.de -- Spirituosen- und Tabakwarenhändler ohne Paypal: Kalter Krieg im In…
> Mehrere Spirituosen- und Tabakwarenhändler im Norden haben Ärger mit dem
> US-amerikanischen Bezahlsystem Paypal, weil sie Rum oder Zigarren aus
> Kuba anbieten. Jetzt feilen sie an einer Sammelklage.
Bild: Der Kampf geht weiter: Der Hamburger Getränkehändler Wolf informiert di…
HAMBURG taz | Auf einmal war das Paypal-Konto von Silke Wolf eingefroren.
Dann beschwerten sich Kunden ihres Hamburger Spirituosengeschäftes, sie
könnten ihre Einkäufe nicht mehr über das Internet-Bezahlungssystem
abwickeln. "Das Ungemach begann ganz unvermittelt", erinnert sich Wolf.
In einer Mail begründete Paypal tags darauf kryptisch, das
Spirituosengeschäft verstoße "gegen Richtlinien". Wolf dachte zunächst an
einen Irrtum. Ein Telefonat aber machte klar, dass der Kalte Krieg im Jahr
2011 erneut in Deutschland angekommen ist: US-amerikanische Unternehmen
setzen das seit 1962 geltende Handelsembargo gegen Kuba nun auch
hierzulande durch.
Weil Wolf diverse Sorten von Rum und Zigarren aus Kuba im Angebot hält,
sperrte Paypal ihr Konto. Dieses würde erst freigegeben, so wurde erklärt,
sobald alle kubanischen Waren aus dem Sortiment verschwunden seien. Lenke
Wolf nicht ein, sehe sich Paypal gezwungen, die Zusammenarbeit ganz zu
beenden. Wolf entschied sich, standhaft zu bleiben. Auf der Homepage des
Unternehmens prangt seit Kurzem eine kubanische Landesflagge mit dem
Vermerk, bis auf Weiteres auf die Bezahlmethode via Paypal zu verzichten.
So verfährt auch Thomas Altmann, Inhaber des Spirituosengeschäftes "Rum &
Co" im schleswig-holsteinischen Börm (Kreis Schleswig-Flensburg). Altmann
schlug einen Kompromiss vor: Waren aus Kuba hätten nicht mehr mit dieser
Methode bezahlt werden können, Paypal wäre aber für alle anderen Produkte
verfügbar geblieben. Das Unternehmen, das 2002 der Online-Auktionsriese
Ebay übernahm, ging darauf nicht ein.
Weil Altmann, der einen großen Teil seiner Einnahmen mit kubanischem Rum
generiert, nicht kooperiert, bleibt ein vierstelliger Betrag auf seinem
Konto eingefroren. Darüber hinaus muss er Umsatzeinbußen von rund einem
Drittel hinnehmen, weil Kunden ohne die bequeme Bezahlmethode auf Einkäufe
verzichten. "60 Prozent meiner Kunden hatten zuvor via Paypal bezahlt",
sagt Altmann. Die Einbußen von Silke Wolf bewegen sich im selben Rahmen.
Knapp 20 Rum-Händler aus ganz Deutschland bereiten nun unter Altmanns
Federführung eine Sammelklage gegen Paypal Europa vor, das in Luxemburg
residierende Unternehmen mit amerikanischem Mutterkonzern. "Es kann nicht
sein, dass sie uns amerikanische Embargos gegen Dritte in Deutschland
aufzwingen", sagt Altmann.
Gleicher Meinung ist Lothar Harings, Partner und Außenhandelsexperte der
Wirtschaftsrechtskanzlei Graf von Westphalen: "Paypal handelt
rechtswidrig." Die Rum- und Zigarrenhändler dürften nicht auf die
Forderungen von Paypal eingehen, sagt Harings. Denn Paypal verletze mit
seinem Vorgehen gegen deutsche Händler explizit geltendes EU-Recht: Die "EU
Blocking Regulation" drohe europäischen Unternehmen, die das Embargo
befolgen, mit empfindlichen Strafen. Und mit einem Firmensitz in Luxemburg
sei Paypal Europa zweifellos an europäisches Recht gebunden.
Jens Lühmann, Inhaber der "Weinquelle" in Hamburg, hat auf die Forderungen
wie von Paypal gewünscht reagiert und alle kubanischen Produkte aus dem
Onlineshop verbannt. Drei Stunden später gab Paypal das Konto wieder frei.
Dennoch steht auch Lühmann nun hinter der Sammelklage seiner Kollegen.
"Sobald ich eine alternative Zahlungsmöglichkeit gefunden habe, fliegt
Paypal bei mir raus", sagt er. Paypal selbst war am Dienstag für eine
Stellungnahme nicht zu erreichen.
Alle drei Spirituosenhändler glauben, dass amerikanische Rumfirmen wie
Bacardi hinter dem Gebaren von Paypal stehen könnten. Deren Marktanteil war
in den vergangenen Jahren immer geringer geworden. "Das liegt allerdings an
der Qualität des Rums", sagen Altmann, Wolf und Lühmann unisono.
Und was meint eigentlich die kubanische Botschaft zu all diesen Vorgängen?
"Diese neue Sache ist von geringer Bedeutung", sagte sie der taz.
"Kriminell sind die USA seit 50 Jahren."
2 Aug 2011
## AUTOREN
Dennis Bühler
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