# taz.de -- Stuttgart gegen Schalke: Schwäbische Bammel-Bewältigung | |
> Stuttgart startet mit neuem Stadion, großer Sause und einem hohen Sieg in | |
> die Liga. Schalkes Millionentruppe machte es dem VfB leicht, seinen | |
> Bammel abzulegen. | |
Bild: Den Druck abgeschüttelt: Tasci (v. l. n. r.), Okazaki, Traore und Maza b… | |
STUTTGART taz | Wenn sie ehrlich sind, hatten sie beim VfB Stuttgart ein | |
wenig Bammel vor diesem Tag. Saisonstart im neuen Stadion, 60.000 | |
erwartungsfrohe Menschen in der ausverkauften Arena, Feuerwerk und ein | |
donnerndes Soundspektakel beim Einlaufen. Ein Sponsor hatte Fähnchen | |
spendiert, und die Zuschauer schwenkten sie wie wild hin und her. | |
Man fragte sich nichtsdestotrotz, ob die Schwaben wie in den vergangenen | |
drei Spielzeiten blutleer und mit Niederlagen ins neue Fußballjahr ziehen | |
und ob der Verein im Advent wieder einen Trainer feuern muss, um wenigstens | |
das Äußerste zu verhindern. | |
Die Macher im Verein wussten freilich um die Auftakt-Nöte ihres Kaders und | |
bemühten gegen die Nervosität die Statistik. Ralf Rangnick, immerhin acht | |
Jahre Trainer beim VfB, hatte als Gästecoach noch nie in Stuttgart | |
gewonnen. Und Schalke ist zudem so etwas wie Stuttgarts Lieblingshappen. | |
Nur vier Siege in Stuttgart bei 41 Versuchen – das beruhigte ein bisschen. | |
Das Spiel gab dann auch den Prognosen recht. 3:0 zum Auftakt gegen die in | |
seltsamem Brombeerrot spielenden Schalker, eine durchaus ansehnliche | |
Vorstellung mit sauberen Toren von Cacau (37. Minute), Martin Harnik (56.) | |
und Shinji Okazaki (89.) gegen Ralf Rangnicks Millionentruppe, die an | |
diesem schwül-heißen Nachmittag zu wenig "entschlossen" war, wie der | |
Trainer meinte. | |
Man könnte auch sagen, blutleer, wie sonst der VfB. Vielleicht lag es auch | |
an einigen Ungereimtheiten im Gelsenkirchener System. | |
Rangnick ließ überraschend Jermaine Jones von Anfang an spielen. Der | |
US-Nationalkicker stand zuletzt noch auf der Verkaufsliste. Unwohl fühlt | |
sich derweil Raúl. Der nette Stürmer aus Spanien muss neuerdings hinter der | |
Spitze Klaas-Jan Huntelaar spielen, was er nicht mag, und das sieht man | |
auch. Und wenn Rangnick sagt: "Wir sind noch lange nicht da, wo wir | |
hinwollen", kann man ihm nur zustimmen. | |
Aber wo steht der VfB? Wie gesagt, sie hatten Bammel vorm Auftakt und auch | |
allen Grund dazu. Neben der allgemeinen Startschwäche steht auch noch eine | |
lange Verletztenliste, die mit Kapitän Matthieu Delpierre und Georg | |
Niedermeier auch nahezu die komplette Innenverteidigung betrifft. | |
Keine guten Vorzeichen, zumal Stuttgart nach der miesen Vorsaison den Etat | |
verkleinert hat und auf dem Transfermarkt für die eigenen Ansprüche sehr | |
bescheiden unterwegs war. Das Geld floss eher in Stadionsteine als in | |
Spielerbeine. Aber vielleicht ist das der richtige Weg. | |
Gegen Schalke haben gerade die Neuen gut gespielt. Spielmacher Tamas Hajnal | |
und der Japaner Okazaki, dessen Tor man auch nach der x-ten Wiederholung | |
immer noch toll findet, kamen beide erst zur Rückrunde und waren sofort | |
Verstärkungen. Das gibt es nicht oft in Schwaben, der VfB ist in der Szene | |
eher für superteure Missverständnisse wie John-Dahl Tomasson oder Maruro | |
Camoranesi bekannt. | |
Auch die aktuell Neuen waren gegen Schalke sehr gut. Der mexikanische | |
Nationalspieler Maza köpfte in der Innenverteidigung nahezu jede Schalker | |
Flanke weg, der dänische Internationale William Kvist übernahm nahtlos die | |
Rolle des nach Wolfsburg abgewanderten Christian Träsch. | |
Kvist spielte im defensiven Mittelfeld unauffällig, aber derart effektiv, | |
als wäre er in Stuttgart seit Jahren mit Spätzle und Maultaschen | |
assimiliert worden. Und auch Ibrahim Traore hat in seinen ersten 19 Minuten | |
für den VfB auf der linken Seite gewirbelt, als wäre er schon länger da. | |
Stuttgart startet also mit neuem Stadion, großer Sause und seltener | |
Frühform in die Liga. "Ich war sehr gespannt, wie die Mannschaft auf das | |
Drumherum heute reagiert", sagte Trainer Bruno Labbadia und gab auch gleich | |
die Antwort: "Ich bin voll zufrieden. Das war ein Festtag für den ganzen | |
Verein." | |
7 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Löhle | |
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