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# taz.de -- Die Tottenham-Krawalle von 1985: Vorbildlicher Wandel
> Schon einmal löste eine Polizeiaktion in Tottenham Krawalle aus. Damals
> investierte die Politik massiv in das betroffene Viertel – mit einigem
> Erfolg.
Bild: Es braucht mehr als Polizei, um ein Viertel zu stabilisieren: Polizisten …
DUBLIN taz | Die Krawalle im Londoner Stadtteil Tottenham in der Nacht zum
Sonntag wecken Erinnerungen an 1985. Auch damals war der Auslöser eine
Polizeiaktion, bei der ein Mensch ums Leben kam. Die 49-jährige Cynthia
Jarrett erlag angeblich einem Herzinfarkt, als vier Polizisten ihre Wohnung
stürmten, doch die genauen Umstände sind bis heute ungeklärt.
Auch damals begann es mit einer friedlichen Demonstration, die außer
Kontrolle geriet. Am Ende war der Polizist Keith Blakelock tot. Maskierte
hatten ihm mit Macheten 42 Wunden zugefügt. Die drei Männer, die 1987 für
den Mord zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wurden, mussten vier
Jahre später freigelassen werden, weil die Polizei die Verhörnotizen
nachträglich manipuliert hatte.
Seit damals ist die Siedlung Broadwater Farm ein Synonym für Gewalt. Doch
es hat sich viel verändert seither. Die Bezirksverwaltung hatte auf dem
Gelände 1967 eine Sozialbausiedlung errichtet: mit zwölf Wohntürmen und
mehr als tausend Wohnungen, inspiriert von Le Corbusier. Aufgrund von
planerischen Fehlern gab es jedoch viele dunkle Ecken und Fluchtwege, die
Kriminalität stieg in den siebziger Jahren sprunghaft an.
Die Bezirksverwaltung gab kaum Geld für die Instandhaltung aus. Die
Arbeitslosigkeit lag 1985 bei 42 Prozent, der Mieterverein wurde von Weißen
dominiert, obwohl die Hälfte der Bewohner schwarz war. Und die Schwarzen
wurden ständig von der Polizei schikaniert, sodass es früher oder später zu
Unruhen kommen musste.
Nach den Krawallen blieb das Viertel monatelang von der Polizei besetzt.
Doch dann investierte der Staat 33 Millionen Pfund in die Verbesserung der
Wohnqualität, der Infrastruktur und der Sicherheit. Heute leben in
Broadwater Farm rund 4.000 Menschen mit 39 verschiedenen Nationalitäten.
Wollte man früher die Leute schnellstmöglich umsiedeln, ist der Andrang der
Wohnungssuchenden heute groß. Broadwater Farm ist eins der sichersten
urbanen Viertel weltweit.
Gab es in den drei Monaten vor den Krawallen 1985 noch 875 Einbrüche, 50
Raubüberfälle und 50 tätliche Angriffe, so sind diese Delikte weitgehend
unbekannt. Die Krawalle von Samstagnacht in unmittelbarer Nachbarschaft von
Broadwater Farm trafen die Polizei deshalb unvorbereitet.
7 Aug 2011
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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