# taz.de -- Klimawandel lokal: Palmen statt Eichen | |
> 70.000 Bäume gibt es in Bremen an Straßen und Plätzen. Noch. Linden und | |
> Eichen leiden unter Wetterextremen und Schädlingen. Dabei sind sie | |
> wichtiger denn je. | |
Bild: Für Palmen müsste es noch etwas wärmer werden. | |
Auch wenn es sich derzeit anders anfühlt: Wegen der selbst gemachten | |
Erderwärmung werden auch die Bremer Sommer heißer, wie das letzte Jahr | |
eindrucksvoll bewiesen hat. Schatten- und Erfrischung spendende Bäume | |
werden daher gerade in den Städten immer wichtiger - sagen Experten wie | |
Heribert Eschenbruch, Bereichsleiter für Grünflächenunterhaltung und | |
-entwicklung im Umweltbetrieb Bremen. Weil Bäume Wasser verdunsten, kann | |
der Unterschied zwischen einer aufgeheizten Straßenschlucht und einem | |
kühlen Plätzchen im Park bis zu zehn Grad betragen, erklärt der Gärtner und | |
Landschaftsplaner. | |
Mit 70.000 Straßenbäumen stehe Bremen ganz gut da, sagt Eschenbruch. Doch | |
der Klimawandel mache auch ihnen zu schaffen. "Die haben unheimlich | |
Stress." Zum einen litten die Bäume unter der Trockenheit und extremen | |
Ostwinden im Frühjahr. In der Folge "schmeißen sie Teile aus der Krone | |
heraus", so Eschenbruch. Deshalb muss der Umweltbetrieb wesentlich häufiger | |
als früher Totholz herausschneiden, um Verkehrsteilnehmer zu schützen. So | |
wird die Parkallee mittlerweile nicht mehr alle drei Jahre, sondern jedes | |
Jahr für Pflegearbeiten an den Eichen gesperrt. | |
Ein weiteres Problem sind laut Eschenbruch neue Schädlinge und Pilze, die | |
wegen des sich verändernden Klimas gen Norden wandern. Besonders bekannt | |
geworden ist dabei die Miniermotte, die in den vergangenen Jahren den | |
Kastanien zugesetzt hat, allerdings nicht existenziell, sagt Eschenbruch. | |
Zudem es eine natürliche Lösung zu geben scheint: "Vögel haben | |
herausgefunden, wie sie die Larven aus den Blättern heraus bekommen." Bei | |
anderen Arten sei die Gefährdung größer: Etwa bei der schwedischen | |
Mehlbeere oder Eschen. Letztere säumen noch die Hemmstraße, sollen dort | |
aber durch Linden ersetzt werden. Obwohl auch die an vielen Standorten | |
zunehmend krank würden, wie Eschenbruch sagt. | |
Im Nachbarort Syke - eine von der Bundesregierung geförderte Modellkommune | |
im Umgang mit dem Klimawandel - experimentiert man deshalb mit nicht | |
heimischen Hölzern. Seit vergangenem Jahr sollen 20 Prozent aller | |
Neupflanzungen den neuen klimatischen Anforderungen gewachsen sein, sagt | |
Angelika Hanel, Biologin und in der Stadtverwaltung zuständig für das | |
Klimawandel-Projekt. Über zehn Jahre sollen die Neupflanzungen systematisch | |
beobachtet werden, wie sie an verschiedenen Standorten zurechtkommen und | |
wie viel Wasser sie brauchen. | |
Doch mit Neupflanzungen von Bäumen ist es so eine Sache, berichten sowohl | |
Hanel als auch der Bremer Eschenbruch. So werde es wegen der zahlreichen | |
Leitungen im Boden immer schwieriger, überhaupt noch neue Plätze zu finden, | |
in denen ein Baum wurzeln kann, sagen beide. Und: "Selbst in einer kleinen | |
Stadt wie Syke gibt es eine nicht unerhebliche Antipathie gegen Bäume", | |
erzählt Hanel. Den einen fällt zu viel Laub herunter. "Andere beschweren | |
sich über Honigtau, der von Linden auf ihr Auto tropft." Oder bei Frucht | |
tragenden Arten, so Eschenbruchs Erfahrung, über Insekten, die sich über | |
die Beeren hermachen. Oder weil sie einen zu großen Schatten werfen. In | |
Findorff hätten Bürger und Bürgerinnen sogar mal Baumpflanzungen | |
verhindert. "Auf der anderen Straßenseite haben die Leute nichts gegen | |
einen Baum, nur bitte nicht vor der eigenen Haustür." | |
Eigentlich gebe es auch eine Vorschrift, dass beim Bau von Parkplätzen eine | |
bestimmte Anzahl von Bäumen gepflanzt werden müsse, sagt der 62-Jährige, | |
der vor 48 Jahren zum Gärtner ausgebildet wurde. "Aber da werden, wenn | |
überhaupt, nur Bäumchen gepflanzt, die dann auch noch vertrocknen." | |
Teuer an Bäumen ist nicht die Anschaffung, sondern die Pflege. Daher muss, | |
wer einen Baum spenden möchte, 1.300 Euro zahlen. So viel kostet der | |
Unterhalt in den ersten fünf Jahren des Anwachsens. Später sind es jährlich | |
45 Euro. | |
9 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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