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# taz.de -- Warme Mahlzeiten: Schul-Kantinen fehlen Ein-Euro-Jobber
> Zum Schulstart sind nur 308 von 510 Küchen-Jobs besetzt. 72 Schulen sind
> betroffen. Die Träger der Schulküchen geben dem Jobcenter die Schuld. Das
> sagt, es tue, was es könne.
Bild: Drohende Leere: Hamburgs Schulkantinen fehlen die Arbeitskräfte.
Das neue Schuljahr startet mit Hindernissen. Nicht nur, dass wie berichtet
40 Container als provisorische Unterrichtsräume fehlen. Auch in den
Schulküchen kriselt es. Von 510 Ein-Euro-Jobs, die noch bis Jahresende für
diese Aufgabe bereitstehen, waren nach Angabe der Beschäftigungsträger am
ersten Schultag nur 308 besetzt. "Wir fahren ein absolutes Notprogramm",
sagt Manfred Ganz, Geschäftsführer vom Träger Quadriga, der zehn
Schulküchen betreibt.
Weil die Versorgung der Kinder mit warmen Mahlzeiten eine wichtige Aufgabe
ist, sollen ab Januar 2012 für die Küchenkräfte reguläre
sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen werden. Seit Monaten
verhandeln die Träger mit der Schulbehörde über die Konditionen. Doch bis
es so weit ist, das entschieden Sozialsenator Detlef Scheele und
Schulsenator Ties Rabe im Mai, soll diese Aufgabe von Ein-Euro-Jobbern
übernommen werden.
"Wir haben schon im April auf die mangelnde Belegung hingewiesen", sagt
Ganz. Genützt habe es nichts. Von den 83 Arbeitsgelegenheiten (AGH), die
Quadriga auf dem Papier bewilligt bekam, seien zurzeit nur 26 besetzt, "mit
stark fallender Tendenz", so Ganz. Vier Kräfte würden zum Monatsende
aufhören. In der Otto-Hahn-Schule in Jenfeld, wo bis zu 1.600 Schüler mit
Essen versorgt werden, habe er statt neun nur vier Kräfte vor Ort. In der
Sonderschule Kielkoppelstraße sogar nur eine. In einer Eidelstädter Schule
musste sogar die Rektorin in der Küche helfen.
Bei den anderen Schulküchen-Trägern gibt es ähnliche Engpässe. Insgesamt
sind 72 Schulen betroffen. "Wir haben schon im Juli darauf hingewiesen,
dass die Sommerferien bald zu Ende sind", sagt Trägersprecherin Petra
Lafferentz. Doch AGHs würden nur von einer zentralen Abteilung des
Jobcenters "Team Arbeit Hamburg" bearbeitet und die habe seit Ende Juni "so
gut wie keine Arbeitslosen mehr durchgelassen". Auch Stadtteilcafés und
andere Quartiersprojekte liefen deshalb leer. Sich jetzt erst um die
Küchenbesetzung zu kümmern, das wäre so, "als wenn man am 24. Dezember
Geschenke kauft".
"Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Stellen zu besetzen", verspricht der
Sprecher vonTeam Arbeit Hamburg, Horst Weise. Es seien bereits 350 der
Plätze besetzt, auch gebe es eine "Task Force", um das Problem zu lösen.
Doch es habe keinen Sinn gemacht, in den Ferien Kräfte einzustellen. Auch
dauere es, Leute zu finden, da die Nachfrage nach Arbeitskräften stark sei.
Dass es schlicht keine Langzeitarbeitslosen für diese Aufgabe gibt, kann
sich Manfred Ganz nicht vorstellen. "Wir haben Leute, die das gern machen
würden." Es habe nur bis jetzt die Ansage gegeben, dass Personen nur
einmalig an einer AGH teilnehmen sollen. Ganz: "Für Personen, die wenig
Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, ist das eine Ausgrenzung."
Immerhin habe Team-Arbeit-Chef Thomas Bösenberg den Trägern jetzt erlaubt,
eine Liste mit zehn Personen vorzuschlagen. Auch bekam Ganz am
Freitagnachmittag die Zusicherung für acht weitere Kräfte.
Unabhängig von der aktuellen Lage verhandeln Schulbehörde und Träger über
eine Alternative zum Einsatz von Ein-Euro-Kräften. "Wir arbeiten daran,
dass zum Januar ein neues Konzept starten kann", sagt Behördensprecher
Peter Albrecht. Kinder von Transferleistungsempfängern sollen das Essen
umsonst bekommen. Dafür gibt es Geld aus dem Bildungspaket des Bundes.
Damit das Essen aber auch für andere Familien nicht zu teuer wird,
verhandeln Stadt und Träger über die Höhe eines Zuschusses. Doch noch ist
die Sache nicht in trockenen Tüchern.
Ohnehin ist ungewiss, was 2012 aus den übrigen Beschäftigungsprojekten
wird. Ein im Juli fertiggestelltes Gutachten des Nürnberger Instituts für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kommt zu dem Fazit, dass
Ein-Euro-Jobs arbeitslosen Menschen helfen, ihren Alltag sinnvoll zu
strukturieren, aber nicht die Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt
verbessern. Letzteres sei gar nicht der gesetzliche Auftrag von AGHs, hält
Petra Lafferentz dagegen: "Es geht darum, Menschen zu stabilisieren."
SPD-Sozialsenator Detlef Scheele will auf Basis der IAB-Studie Ende August
sein Arbeitsmarktkonzept vorstellen und hat bereits angekündigt, dass er
den Erhalt von 4.000 AGH-Stellen vorschlagen wird. Die Träger haben indes
Informationen, wonach Hamburg wegen eines erhöhten Anteils von
Hartz-IV-Empfängern auch mehr Eingliederungsmittel vom Bund bekommt, und
haben errechnet, das davon 5.500 AGH-Plätze bezahlt werden könnten.
12 Aug 2011
## AUTOREN
Kaija Kutter
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