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# taz.de -- Grundbesitz wird attraktiv: Mein Haus, mein Boot, mein Acker
> Kapitalanleger investieren zunehmend in landwirtschaftliche Flächen. Die
> Flucht in Sachwerte, Massentierhaltung und Biogasanlagen treibt die
> Grundstückspreise somit in die Höhe.
Bild: Interessant für Investoren: landwirtschaftliche Flächen.
HAMBURG taz | Investoren interessieren sich zunehmend für
landwirtschaftliche Flächen. Auch wenn sie nichts mit der Landwirtschaft am
Hut haben, kaufen sie Äcker und Wiesen - auch in Deutschland. "Der Trend
steigender Kaufpreise hält weiter an", stellt die Landwirtschaftskammer
Weser-Ems fest. Rolf Bünte, Leiter der Bezirksstelle Ostfriesland der
Kammer, spricht scherzhaft sogar von einem "Landrausch" in Ostfriesland.
Der Landkauf als Wertanlage ist für weite Teile der Welt ein junges
Phänomen und wird oft unter dem Stichwort "landgrabbing" (Land
zusammenraffen) verhandelt. Die Menschenrechtsorganisation Fian (Food First
Informations- und Aktions-Netzwerk) versteht darunter, dass sich Investoren
einen überproportional großen Anteil am Land einer Region aneignen. Damit
entziehen sie der ansässigen Bevölkerung die Kontrolle. Insbesondere in der
Dritten Welt kann das fatale Folgen haben.
Land zu kaufen, ist derzeit aus vielen Gründen interessant. Schwellenländer
wie China versuchen sich einen direkten Zugriff auf Nahrungsressourcen zu
verschaffen, um den wachsenden Bedarf ihrer Bevölkerung zu decken.
Vermögende, die in der Wirtschaftskrise nach einem sicheren Hafen für ihr
Kapital suchen, haben Land als wertbeständige Anlagenmöglichkeit entdeckt.
Viele erwarten sogar, dass mit Land in Zukunft gute Geschäfte zu machen
sein werden. Denn nicht nur die Nachfrage nach Nahrungsmitteln steigt mit
einer immer größeren und wohlhabenderen Weltbevölkerung, sondern auch die
Nachfrage nach Bioenergie.
"Land ist ein sicheres Investment", sagt Nils-Arwed Schulze,
Geschäftsführer der Hamburger Fondsgesellschaft Agriworld, die seit Jahren
in US-amerikanische Äcker investiert. Land habe gegenüber Immobilien den
Vorteil, dass es nicht abgeschrieben und auch nicht renoviert werden müsse.
Seit der Finanzkrise 2007/ 2008 und der damit einhergehenden Unsicherheit
registriert er ein zunehmendes Interesse von Investoren an Agrarflächen.
Große Industriellenfamilien hätten schon vor Jahren begonnen, kräftig Land
einzukaufen.
Florian Lorenz, Sprecher der börsennotierten Gesellschaft KTG Agrar stellt
das Gleiche fest: "Wir merken, dass vermögende Privatleute gucken, wo sie
ihr Geld anlegen können und auf das Thema Ackerland kommen." Das
Unternehmen bewirtschaftet 30.000 Hektar Ackerland in Ostdeutschland und
Litauen. Geld verdient es nicht nur mit Feldfrüchten, sondern auch mit
Biogas, wobei der Boden in erster Linie gepachtet wird - ein Mega-Bauer an
der Börse.
Der Anbau von Energiepflanzen, insbesondere zur Erzeugung von Biogas, trägt
wesentlich dazu bei, die Grundstückspreise nach oben zu treiben. "In ganz
Deutschland steigen Investoren in die Bioenergie ein", sagt Roman Herre von
Fian. "Mit den Subventionen ist das so rentabel, dass die klassische
Landwirtschaft nicht mithalten kann." Die Biogasanlagen brauchen große
Mengen Mais, womit die Äcker im weiten Umkreis belegt werden. Seit Jahren
wird in Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die zunehmende Vermaisung
ganzer Landstrich geklagt.
Im Weser-Ems-Gebiet und im Münsterland kommt die Massentierhaltung als
Preistreiber hinzu. Die Viecher erzeugen Unmengen an Gülle, die irgendwo
ausgebracht werden muss. Die Landwirtschaftskammer stellt für das
Weser-Ems-Gebiet den paradoxen Effekt fest, dass in Gegenden mit
minderwertigen Böden die Preise überdurchschnittlich gestiegen seien. Weil
der Ackerbau so wenig abwerfe, werde hier Viehwirtschaft betrieben und
Biogas erzeugt, und damit die Nachfrage stimuliert.
Dass Anleger mit Ostfriesland spekulierten, stellt Kammerbezirksleiter
Bünte noch nicht fest. "Es sind Investoren mit regionalem Bezug, die aber
auch schon Boden als Wertanlage kaufen", sagt er. Schätzungsweise 20 bis 30
Prozent davon kämen aus dem Ausland. Dem Preisanstieg kann er auch
Positives abgewinnen: "Letztlich hat das auch was mit Wertschätzung zu
tun."
31 Aug 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
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